Tag & Nacht


Wie tief kann man sinken, wenn Täuschung zur Methode wird?

Was sich als vermeintlicher Beitrag von France 24 auf TikTok abspielt, ist kein harmloser Online-Streich, sondern ein Angriff auf das, was uns alle verbindet: Vertrauen. Wahrheit. Orientierung in einer Welt, die ohnehin täglich komplizierter wird. Da gaukelt ein Konto mit nachgebauten Sendergrafiken, Logos und professionell imitierten Einspielern vor, echte Nachrichten zu liefern – und füttert sein Publikum mit Halbwahrheiten, reißerischem Unsinn und glatten Lügen.

Fast 70 solcher Fake-Videos sind in den letzten Wochen aufgetaucht. Zusammengerechnet wurden sie mehr als 22 Millionen Mal gesehen. Nicht, weil sie besonders brillant gemacht wären – sondern weil sie eines skrupellos ausnutzen: unseren Reflex, Bekanntem zu trauen.

Wer kennt das nicht? Man scrollt durch TikTok, sieht ein vertrautes Format, einen bekannten Namen – und denkt: Das wird schon stimmen. In einer Welt voller Reizüberflutung greifen wir nach dem, was aussieht wie Wahrheit. Ein Logo genügt oft, um unseren inneren Filter auszuschalten. Und genau das ist die perfide Kraft solcher Fälschungen. Sie kommen nicht mit dumpfer Propaganda daher – sie kommen im schicken Anzug, mit seriöser Stimme, im Gewand des Vertrauten.

Aber hinter dem Anzug steckt nichts als Absicht: Klicks. Einfluss. Macht.

Diese Videos sind nicht nur falsch. Sie sind gefährlich. Denn sie zersetzen das Vertrauen, das Medien wie France 24 über Jahrzehnte aufgebaut haben. Vertrauen, das man nicht einfach mal eben auf TikTok zusammenbastelt, sondern täglich hart erarbeiten muss – mit Fakten, mit Recherche, mit Verantwortung.

Und das Netz? Es ist der perfekte Brandbeschleuniger. Kurze Clips, maximaler Effekt, minimale Prüfung. Was empört, wird geteilt. Was Angst macht, bleibt hängen. Wut, Skandal, Sensation – das sind die Währungen der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie. Und wer sich da nicht zu helfen weiß, wird überrollt.

Es geht längst nicht mehr nur um ein paar gefälschte Videos. Es geht um den Boden unter unseren Füßen. Denn wenn man nicht mehr weiß, ob ein Video echt ist, eine Stimme authentisch, eine Nachricht verlässlich – was bleibt dann noch? Irgendwann glauben wir nichts mehr. Oder alles. Und beides ist gleich gefährlich.

Doch wir sind dem nicht hilflos ausgeliefert. Jeder Klick ist eine Entscheidung. Jede Weiterleitung eine Verantwortung. Es braucht keine Doktorarbeit, um skeptisch zu sein. Es reicht, den Daumen mal stillzuhalten, bevor man teilt. Und den Kopf einzuschalten, bevor man glaubt.

Denn Journalismus – der echte, ehrliche und um Wahrheit bemühte – ist kein nostalgisches Relikt. Er ist das, was uns den Überblick bewahren lässt in Zeiten, in denen die Lüge lauter schreit als die Wahrheit.

Also: Nicht wegsehen. Nicht mitmachen. Und schon gar nicht „reposten“.

Ein Kommentar von Daniel Ivers

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