Eigentlich wollte ich schon wieder einen Kommentar schreiben – über die nächste Regierungskrise in Frankreich, über die endlosen Rochaden, über das Schauspiel aus Rücktritt, Berufung, Rücktritt. Aber mir bleibt die Stimme weg. Nicht vor Erstaunen. Sondern vor Erschöpfung.
Wie oft kann man denselben politischen Fehler begehen, bevor man begreift, dass es kein Zufall mehr ist?
Frankreich steht am Rand eines Abgrunds, und im Élysée-Palast scheint man das Echo aus der bedrohlichen Tiefe noch immer für Applaus zu halten. Emmanuel Macron sucht seit Monaten nach einem Premierminister, der ihm gehorcht – statt einem, der das Land eint. Und mit jedem gescheiterten Versuch schrumpft der Raum der Vernunft, wächst die Versuchung der Extreme.
Darum diese eine, einfache, fast verzweifelte Frage:
Herr Macron, was ist so schlimm daran, eine Premierministerin oder einen Premierminister aus dem linken Lager zu ernennen?
Wirklich – was?
Wäre es Verrat? Schwäche? Ein Eingeständnis, dass die „Mitte“ allein nicht mehr trägt?
Vielleicht wäre es einfach nur das, was Frankreich jetzt braucht: ein Zeichen der Demut. Ein Schritt auf die andere Seite, ohne die eigene zu verlieren. Eine Geste, die zeigt, dass Macht teilen keine Niederlage ist – sondern ein Akt politischer Reife.
Denn alles, wirklich alles, ist besser als das, was sonst droht:
Ein Sieg der Rechtspopulisten, ein Rutsch ins autoritäre Denken, ein Land, das sich selbst aufgibt, weil seine demokratische Elite zu stolz war, Brücken zu bauen.
Frankreich hat schon zu oft in seiner Geschichte erlebt, wohin Überheblichkeit führt.
Diesmal sollte es nicht wieder so enden.
Herr Macron, hören Sie zu – nicht auf Ihre Berater, nicht auf Ihr Ego. Auf die Menschen. Auf das Land, das Sie führen sollen, nicht dominieren.
Denn die Stimme, die mir heute fehlt, ist die vieler Franzosen.
Und sie könnte bald sehr laut werden – aber dann nicht mehr in Ihrem Sinn.
Von C. Hatty
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