Tag & Nacht




Langsam wird es wirklich peinlich, Frau Le Pen. Für eine Politikerin, die sich seit Jahren als unbestechliche Retterin des „wahren Frankreich“ inszeniert, türmen sich die Korruptions- und Veruntreuungsvorwürfe mittlerweile zu einer schamlosen Farce. Kaum ist der Skandal um die Scheinassistenten halb verdaut – der Ihnen eine fünfjährige Sperre für öffentliche Ämter einbrachte –, da kommen neue Enthüllungen über Millionenbeträge ans Licht, die Ihr EU-Parlamentsbündnis an dubiose Firmen im eigenen Umfeld verteilt hat.

Was wollen Sie Ihren Wählern eigentlich noch erzählen? Dass es „administrative Differenzen“ waren, wenn Aufträge in Millionenhöhe an die Firma Ihres langjährigen Komplizen Chatillon gehen? Dass es reine „Feinheiten in der Buchhaltung“ sind, wenn dessen Ehefrau Druckaufträge abrechnet, bei denen sie Hunderttausende Euro Gewinn ohne jede politische Leistung einstreicht? Oder dass es völlig normal ist, wenn EU-Gelder in die Kastration von Katzen oder die Restaurierung von Dorfkirchen fließen – Hauptsache, die Vereine stehen Ihrer Partei nahe?

Sie können sich nicht ewig hinter Ihrer Opferinszenierung verstecken. Niemand zwingt Sie dazu, systematisch an den Töpfen öffentlicher Gelder zu naschen, während Sie gleichzeitig in jedes Mikrofon rufen, Brüssel sei ein korrupter Moloch. Langsam wird klar: Sie kritisieren nicht die Korruption – Sie ärgern sich nur, wenn andere davon profitieren.

Es ist diese Form der Doppelmoral, die Politikverdrossenheit befeuert. Sie und Ihre Partei erheben moralische Ansprüche, für die Ihnen jegliche persönliche Glaubwürdigkeit fehlt. Ihre Wähler mögen Ihnen glauben, dass Sie Frankreich „vom System befreien“ wollen. Doch was sie am Ende bekommen, ist eine Partei, die das System genauso benutzt wie alle anderen – nur mit weniger Anstand und mehr Lautstärke.

Langsam wird es wirklich peinlich, Frau Le Pen. Und für Frankreich wird es zunehmend gefährlich.

Ein Kommentar von P. Tiko

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