Manchmal fragt man sich wirklich: Leben unsere Spitzenpolitiker eigentlich noch in der Welt der Menschen – oder nur noch in Schaubildern und Hochglanzstatistiken?
Herr Bayrou, Sie wollen also die Mehrwertsteuer erhöhen, um unser Sozialsystem zu retten? Ernsthaft? Eine „soziale“ Steuer nennen Sie das. Dabei trifft sie vor allem die, die ohnehin schon jeden Cent zweimal umdrehen. Die Kassiererin, die Rentnerin, alleinerziehende Eltern mit zwei Jobs und zu wenig Schlaf.
Während sich große Unternehmen über sinkende Lohnnebenkosten freuen – bei Sekt und Schnittchen in den Vorstandsetagen – sollen die kleinen Leute Ihre Reform bezahlen. Beim Einkauf, beim Tanken, bei der nächsten Kinderjacke, die eh schon kaum bezahlbar ist. Das soll also gerecht sein?
Verstehen Sie mich nicht falsch: Dass unser Sozialstaat dringend Geld braucht, steht außer Frage. Die Lücken in der Finanzierung sind real – aber Ihre Lösung ist eine schallende Ohrfeige für Millionen Menschen, die jeden Tag kämpfen, um über die Runden zu kommen. Es ist, als würde man einem Verdurstenden erklären, dass er in Zukunft für Wasser mehr bezahlen muss – zum Wohle des Brunnensystems.
Sie sprechen von „Verantwortung aller“, aber meinen in Wahrheit: Die Masse soll zahlen, damit ein paar entlastet werden. Und das nennen Sie Dialog?
Wo bleibt der Mut, endlich auch die zur Kasse zu bitten, die sich seit Jahren mit Dividenden und Steuertricks durchlavieren? Wo ist die Debatte über Vermögen, über Finanztransaktionen, über die Konzerne, die sich aus der gesellschaftlichen Verantwortung stehlen?
Stattdessen schlagen Sie vor, dass der Staat noch tiefer in die Taschen der Verbraucher greift – dort, wo nichts mehr drin ist. Und das soll modern, sozial, zukunftsfähig sein? Nein, Herr Bayrou, das ist einfach nur bequem. Für die Falschen.
Ihr Modell ist keine Reform – es ist ein Rückschritt. Eine Einladung zum Misstrauen. Und ein weiterer Schritt in Richtung Politikverdrossenheit. Denn wer immer nur von „gesellschaftlicher Verantwortung“ redet, aber immer dieselben zur Kasse bittet, braucht sich über das schwindende Vertrauen nicht wundern.
Es braucht neue Antworten, keine alten Rezepte mit neuem Etikett. Und vor allem: Es braucht Respekt – vor den Menschen, die dieses Land tragen, Tag für Tag.
Die Mehrwertsteuer rauf? Nein, Herr Bayrou. Nicht mit uns. Nicht so.
Ein Kommentar von C. Hatty
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