Tag & Nacht




Seit fast einem Monat bleibt ein großer Teil der korsischen Küste ohne Überwachung. Genauer gesagt: 140 Kilometer Küstenlinie im Norden der Insel sind ungeschützt, weil die freiwilligen Seenotretter der SNSM-Station in Calvi streiken. Der Grund? Sie weigern sich, mit einem maroden 38 Jahre alten Rettungsboot aufs Meer zu fahren – zu gefährlich, sowohl für sie selbst als auch für die Menschen, die sie retten sollen.

Die Lage spitzt sich zu, denn mit dem Frühling beginnt auch die Zeit, in der immer mehr Menschen aufs Wasser hinausfahren.

Ein alter Kahn als Rettungsboot

Das derzeitige Boot der Station Calvi ist das älteste in der gesamten SNSM-Flotte Frankreichs – und es macht immer wieder Probleme.

Paul Allard, der Präsident der Station, beschreibt die letzten Pannen: „Wir hatten einen Brand im Maschinenraum wegen eines elektrischen Defekts. Unser Abschlepphaken wurde herausgerissen.“ Es ist offensichtlich: Das Boot ist nicht mehr einsatzfähig.

Unter diesen Bedingungen will und kann kein Retter mehr riskieren, in einen Einsatz zu gehen.

Ein neues Boot – aber kein Geld, um es zu bezahlen

Dabei gibt es längst eine Lösung. Ein neues, modernes und voll ausgestattetes Rettungsboot wurde bereits gebaut und steht zur Abholung bereit. Doch es gibt ein Problem: Der Hersteller wartet noch auf knapp eine Million Euro.

Die Finanzierung des Bootes sollte von der Collectivité de Corse übernommen werden. Doch Anne-Laure Santucci, die für das Vereinswesen zuständige Beraterin der korsischen Exekutive, erklärt, dass das Budget nicht ausreicht. „Es gab Pannen bei der Planung. Wir haben diese Ausgabe nicht rechtzeitig berücksichtigt“, gibt sie zu. Dabei wurde die Vereinbarung zum Kauf des Bootes bereits 2021 unterzeichnet.

Ein ungewöhnlicher Streik mit drastischen Folgen

Da keine Lösung in Sicht ist, haben die 35 Freiwilligen der SNSM-Station Calvi eine drastische Entscheidung getroffen: kein Einsatz mehr, solange das neue Boot nicht bereitsteht. Ein beispielloser Streik in einem Bereich, in dem ehrenamtliches Engagement normalerweise an erster Stelle steht.

Doch die Folgen sind gravierend. Kommt es zu einem Unfall, müssen Retter aus anderen, weit entfernten Stationen anreisen – das kann Stunden dauern. Eine gefährliche Situation, die sich mit dem Beginn der Touristensaison noch weiter zuspitzen könnte.

Lösung in Sicht?

Nächste Woche ist ein Treffen zwischen der korsischen Regierung und dem SNSM-Präsidenten von Calvi geplant. Die Zeit drängt: Im Sommer steigt die Zahl der Notfälle drastisch an.

Doch woher soll das fehlende Geld kommen? Eine Budgeterhöhung? Staatliche Unterstützung? Spenden? Bisher gibt es keine klare Antwort.

Eines ist jedoch sicher: 140 Kilometer Küste ohne Seenotrettung sind ein unhaltbarer Zustand.

Von C. Hatty

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