Auf Korsika herrscht Ausnahmezustand – und das mitten in der Hauptreisezeit. Ein spontaner Streik, angeführt von der Gewerkschaft STC, hat am Donnerstag, dem 4. Oktober, die vier Flughäfen und sechs wichtigsten Häfen der Insel lahmgelegt. Grund für den Aufruhr: ein Streit zwischen der lokalen Regierung und dem französischen Staat über die künftige Verwaltung dieser wichtigen Infrastrukturen. Die Konsequenzen waren schnell spürbar – Hunderte Reisende saßen fest.
Um die Betroffenen nicht komplett im Regen stehen zu lassen, hat die Präfektur von Haute-Corse reagiert und kurzfristig einen Sporthalle am Flughafen Bastia als Notunterkunft eingerichtet. Eine pragmatische Lösung, die jedoch die tiefer liegenden Konflikte nicht behebt.
Wer soll Korsikas Häfen und Flughäfen verwalten?
Der Kern des Problems liegt in der geplanten Neustrukturierung der Verwaltung der korsischen Häfen und Flughäfen. Am Donnerstagmorgen hatte Alexandre Patrou, der Generalsekretär für korsische Angelegenheiten, auf einer außerordentlichen Sitzung der Industrie- und Handelskammer (CCI) einen neuen Vorschlag unterbreitet. Die Idee: zwei öffentlich-rechtliche Mischverbände (SMO) sollen geschaffen werden, die ab 2025 die Verwaltung übernehmen. Dabei sollte die CCI weiterhin Konzessionen erhalten, um die Geschäfte zu führen.
Doch dieser Plan stieß auf massive Kritik. Patrou sprach von einem „erheblichen rechtlichen Risiko“ bei dieser Konstruktion – und löste damit die Wut des korsischen Regierungschefs, Gilles Simeoni, aus. „Das ist eine Kriegserklärung“, wetterte Simeoni und kündigte an, dass er nicht zulassen werde, dass internationale Unternehmen die Kontrolle über Korsikas Häfen und Flughäfen übernehmen. „Für mich ist das nicht verhandelbar.“
Der Staat versucht, die Wogen zu glätten
In der Folge bemühte sich der Präfekt von Korsika, Amaury de Saint-Quentin, die Lage zu beruhigen. Er betonte, dass der Staat keine Absicht habe, die Verwaltung der Häfen und Flughäfen an private Unternehmen zu übergeben. Vielmehr gehe es darum, die geplanten SMOs in einer Weise zu gestalten, die rechtliche Probleme vermeide. Eine „direkte Verwaltung“ sei der sicherste Weg, um die Infrastruktur zu betreiben, ohne juristische Fallstricke. Doch der Schaden war bereits angerichtet: Simeonis Vertrauen war erschüttert.
Der Konflikt dreht sich jedoch nicht nur um rechtliche und verwaltungstechnische Fragen. Im Hintergrund schwelt auch ein finanzieller Streit. Simeoni fordert zusätzliche 50 Millionen Euro vom französischen Staat, um die gestiegenen Kosten aufgrund der Inflation zu decken – eine Forderung, die bisher nicht erfüllt wurde.
Wie geht es weiter?
Korsika steckt in einem politischen Dilemma, das sich auf die Infrastruktur der Insel und damit auch auf die Wirtschaft und den Tourismus auswirkt. Reisende, die an Flughäfen festsitzen, spüren die direkten Auswirkungen, doch das Problem ist vielschichtiger. Der Unmut über den Einfluss des französischen Staates auf die lokale Verwaltung ist schon lange ein Reizthema in Korsika – und dieser jüngste Streit bringt die Spannungen erneut an die Oberfläche.
Gilles Simeoni, ein prominenter Vertreter der Autonomiebewegung, sieht in diesem Vorfall eine weitere Bestätigung dafür, dass Korsika mehr Selbstbestimmung benötigt. Seine Äußerungen, die Streiks und der Stillstand an den Flughäfen und Häfen zeigen, wie tief das Misstrauen gegenüber der zentralen Regierung sitzt.
Wohin führt der Weg für Korsika?
Die Frage, wie es nun weitergeht, ist schwer zu beantworten. Die Regierung in Paris wird kaum darauf verzichten, eine gewisse Kontrolle über strategisch wichtige Infrastrukturen zu behalten. Doch auch Simeoni zeigt keine Anzeichen, von seiner harten Linie abzuweichen.
Was könnte das für die Zukunft der Insel bedeuten? Ein andauernder Konflikt zwischen der autonomen Regierung Korsikas und dem französischen Staat würde nicht nur die Verwaltung der Häfen und Flughäfen erschweren, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität der Insel gefährden. Besonders der Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen, könnte nachhaltig Schaden nehmen.
Hoffnung auf eine Lösung?
Der Staat wird sicherlich versuchen, das Gespräch mit der korsischen Regierung zu suchen, um eine Eskalation zu vermeiden. Doch wird das reichen, um die wachsende Kluft zu überbrücken? Eine Einigung wird nicht leicht zu erzielen sein – schließlich geht es nicht nur um Zahlen und Verwaltung. Für viele Korsen ist dies eine Frage der Identität und der Selbstbestimmung.
Man darf also gespannt sein, wie sich dieser politische Konflikt entwickelt und ob er möglicherweise den Weg zu größeren Autonomiebestrebungen ebnet. Eines steht jedoch fest: Die Insel wird so schnell nicht zur Ruhe kommen.
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