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Ein Käse-Skandal erschüttert derzeit Frankreich – und könnte auch international Folgen haben.
Denn die betroffenen Produkte der Fromagerie Chavegrand aus der Creuse wurden nicht nur in Supermärkten wie Leclerc, Carrefour, Lidl, U oder Aldi verkauft, sondern auch ins Ausland exportiert.
Der Vorwurf: Eine mögliche Kontamination mit Listeria monocytogenes, einer gefährlichen Bakterienart, die in bestimmten Fällen tödlich enden kann.


21 Erkrankungen – zwei davon mit tödlichem Ausgang

Die Fakten sind so beunruhigend wie eindeutig: Seit Juni wurden 21 Fälle von Listeriose registriert, davon 18 allein in den letzten Wochen. Zwei Menschen starben – eine der Personen litt bereits an schweren Vorerkrankungen.
Die Altersgruppe der Erkrankten reicht von 34 bis 95 Jahren.
Gesundheitsbehörden sehen einen „möglichen Zusammenhang“ zwischen den Infektionen und Käseprodukten der Fromagerie Chavegrand, hergestellt aus pasteurisierter Kuh- oder Ziegenmilch.


Welche Produkte betroffen sind

Auf der Rückrufliste stehen unter anderem Camemberts, Coulommiers, Ziegenkäserollen („bûches“), Bûchettes sowie der Camembert Saveur d’antan und der ovale Weichkäse Le Doucrémeux der Marke Chêne d’Argent.
Insgesamt 40 Chargen wurden seit dem 11. August zurückgerufen – und zwar flächendeckend in ganz Frankreich und im Ausland.

Betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher finden die vollständige Liste auf dem offiziellen Portal Rappel Conso.
Die Empfehlung ist eindeutig: Nicht verzehren, sondern umgehend zurückbringen – gegen Erstattung des Kaufpreises.


Alte Produktionslinie im Visier

Nach Angaben des Unternehmens stammen die möglicherweise kontaminierten Käse aus einer alten Produktionslinie, die bereits Anfang Juni stillgelegt wurde – nach einem ersten, kleineren Rückruf.
Seither produziert Chavegrand auf einer neuen Linie, die nach eigenen Angaben unter strengster Kontrolle steht.
„Wir haben die Zahl der Tests auf Produkten und Anlagen um das Hundertfache erhöht“, so die Unternehmensleitung.
Bisher habe man dort keine Listeria-Spuren nachweisen können.

Ob das Problem vom verwendeten Rohstoff, also der Milch, oder von der früheren Produktionsumgebung ausging, ist noch unklar.
Die Ermittlungen laufen – und können Wochen dauern.


Die unsichtbare Gefahr

Listerien gehören zu den unsichtbaren Feinden in der Lebensmittelproduktion:
Ein kontaminiertes Produkt sieht normal aus, riecht und schmeckt unauffällig.
Erst im Körper kann die Infektion Folgen haben – von milden grippeähnlichen Symptomen bis hin zu schweren neurologischen Komplikationen wie Meningitis.

Besonders gefährdet sind Schwangere, ältere Menschen, Personen mit geschwächtem Immunsystem und Neugeborene.
Und obwohl Listeriose als selten gilt – jährlich etwa 400 Fälle in Frankreich –, ist sie die zweithäufigste Todesursache bei lebensmittelbedingten Infektionen im Land.
Die Sterblichkeitsrate bei schweren Verläufen liegt bei etwa 25 %.


Lange Inkubationszeit – hohe Wachsamkeit nötig

Das Tückische: Die Inkubationszeit kann bis zu acht Wochen betragen.
Wer also in den letzten zwei Monaten einen der betroffenen Käse gegessen hat, sollte aufmerksam auf Symptome wie Fieber, Kopf- oder Gliederschmerzen achten – und im Zweifel sofort ärztlichen Rat einholen.

Für Rückfragen hat Chavegrand eine kostenfreie Hotline in Frankreich eingerichtet: 0 800 00 91 80 (täglich 9–19 Uhr erreichbar).


Kritik an verspäteter Warnung

Die Verbraucherorganisation Foodwatch übt scharfe Kritik: Zwischen dem ersten Rückruf im Juni und der aktuellen Großwarnung sei zu viel Zeit vergangen.
„Wir warten, bis Menschen krank werden, bevor wir reagieren – das kommt immer zu spät“, so Camille Dorioz, Kampagnenleiter von Foodwatch.
Man fordere eine Untersuchung, um Verantwortlichkeiten zu klären und mögliche Lücken im System zu schließen.

Tatsächlich basiert die Lebensmittelsicherheit in Frankreich zu einem großen Teil auf Eigenkontrollen der Hersteller – und auf der Initiative der Verbraucher, regelmäßig Portale wie Rappel Conso zu konsultieren.
Ein System, das in Krisensituationen an seine Grenzen stößt.


Ein traditionsreiches Unternehmen im Krisenmodus

Für die Fromagerie Chavegrand, ein seit 1952 bestehendes Familienunternehmen mit 120 Angestellten, ist dieser Vorfall ein Schock.
In über 70 Jahren habe es noch nie eine Kontamination gegeben, betont die Geschäftsführung – und spricht den betroffenen Familien ihr Beileid aus.
Doch das Vertrauen der Kundschaft steht nun auf dem Spiel.
Wie schnell lässt sich ein solcher Schaden wieder reparieren? Und reicht ein noch so strenger Kontrollplan aus, um verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen?

Autor: C.H.

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