Es war ein Anblick, der tief in das kollektive Bewusstsein der Hisbollah-Anhänger eingebrannt bleiben wird: Zehntausende Menschen, alle in Schwarz gekleidet, versammelten sich in Beirut, um Abschied von Hassan Nasrallah zu nehmen. Der langjährige Anführer der libanesischen Miliz wurde bereits im September bei einem israelischen Luftangriff getötet, doch die Hisbollah wartete mit der öffentlichen Trauerfeier bis zum nahezu vollständigen Rückzug der israelischen Armee aus dem Süden des Landes am 18. Februar.
Am 23. Februar wurde nun der erste große öffentliche Aufmarsch der Organisation seit dem Waffenstillstand abgehalten – und er geriet zu einer Machtdemonstration.
Ein Stadion in Schwarz gehüllt
Die Cité Sportive, das große Sportstadion im Süden Beiruts, verwandelte sich in ein Meer aus schwarzen Gewändern und gelben Hisbollah-Fahnen. Das Stadion, das bis zu 78.000 Menschen fasst, war restlos gefüllt. Auch die Straßen rund um das Gelände waren mit Trauernden überfüllt. Dort wurden für die Männer 35.000 und für die Frauen 25.000 Sitzplätze bereitgestellt – doch selbst diese Kapazitäten reichten nicht aus.
Inmitten der Menge bewegte sich ein Lastwagen, auf dessen Ladefläche sich die Särge von Hassan Nasrallah und seinem Nachfolger Hachem Safieddine befanden – auch Safieddine war in einem israelischen Angriff ums Leben gekommen.
Die Menge schwieg nicht. Immer wieder erklangen Sprechchöre gegen Israel, das in den Augen der Hisbollah der Erzfeind bleibt.
„Nasrallah bleibt in uns lebendig“
Während die Beerdigungszeremonie ihren Lauf nahm, trat der neue Hisbollah-Chef, Naïm Qassem, vor die Öffentlichkeit. Seine Rede wurde live auf riesige Bildschirme übertragen.
„Hassan Nasrallah bleibt in uns lebendig“, erklärte Qassem mit fester Stimme. Er machte deutlich, dass die Hisbollah ihren Kurs nicht ändern werde: „Wir werden diesen Weg weitergehen.“
Noch während der Trauerfeier flog die israelische Luftwaffe in niedriger Höhe über Beirut. Eine bewusste Machtdemonstration oder eine Warnung? Die Menschen auf dem Platz ließen sich davon jedenfalls nicht beeindrucken. Ein Redner der Veranstaltung konterte direkt: „Der Lärm eurer Flugzeuge macht uns keine Angst.“
Iranische Unterstützung und Kampfansage
Auch von höchster iranischer Stelle kamen Worte der Solidarität. Ali Khamenei, der oberste Führer Irans, richtete sich in einer Botschaft an die versammelten Hisbollah-Anhänger:
„Der Feind muss wissen, dass der Widerstand gegen Usurpation, Unterdrückung und Arroganz niemals enden wird“, so Khamenei. Eine kaum verhohlene Kampfansage an Israel.
Die Beziehungen zwischen der Hisbollah und dem Iran sind tief verwurzelt – finanziell, ideologisch und militärisch. Die Beerdigung von Nasrallah wurde daher nicht nur zur Trauerveranstaltung, sondern auch zur politischen Kundgebung.
Was bleibt nach der Beisetzung?
Die Symbolkraft dieses Tages ist unbestreitbar. Nach Monaten des Krieges, nach schweren Verlusten für die Hisbollah und nach dem Rückzug Israels aus dem Südlibanon versammelten sich Zehntausende, um ihre Entschlossenheit zu zeigen.
Aber wie geht es weiter? Wird die Hisbollah sich nach diesen Verlusten zurückziehen oder sich noch stärker in zukünftige Auseinandersetzungen verwickeln lassen?
Die Antwort darauf wird die Region früher oder später bekommen.
Von C. Hatty
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