Ein goldener Scheinwerfer fällt auf eine junge Frau mit einer Mission. Nadeen Ayoub, 27 Jahre alt, wird im November in Thailand als erste Miss Palästina beim legendären Wettbewerb Miss Universe auf der Bühne stehen. Eine Premiere, die weit mehr ist als ein Schönheitscontest – es ist ein Statement.
Denn Ayoub sieht sich nicht nur als Kandidatin. Sie sieht sich als Stimme. „Ich repräsentiere jede Frau und jedes Kind in Palästina“, sagt sie in einem Instagram-Video, das innerhalb weniger Stunden tausendfach geteilt wurde. Worte, die zugleich Mut und Schwere in sich tragen, mitten in einer Zeit, in der ihr Heimatland von Krieg und Leid geprägt ist.
Eine Premiere mit Symbolkraft
Noch nie zuvor hatte die palästinensische Gesellschaft eine offizielle Vertreterin bei Miss Universe. Die Organisatoren des Wettbewerbs feierten den Schritt als Zeichen für Vielfalt, kulturellen Austausch und die Stärkung von Frauen. Ayoub selbst ist dafür prädestiniert: Sie gewann bereits 2022 den Titel Miss Palestine und stand im selben Jahr unter den Finalistinnen von Miss Earth – ebenfalls als erste Teilnehmerin aus ihrem Land.
Mit ihren Auftritten verleiht sie Palästina ein Gesicht jenseits von Schlagzeilen über Krieg und Zerstörung. „Wir sind mehr als unser Leid“, betont sie. „Wir sind Widerstandskraft, Hoffnung und der Herzschlag einer Heimat, die in uns weiterlebt.“
Zwischen Welten aufgewachsen
Nadeen Ayoub verkörpert nicht nur Schönheit, sondern auch Bildung und Engagement. Aufgewachsen in Palästina, den USA und Kanada, studierte sie Literatur und Psychologie. Später arbeitete sie als Sportcoach und Ernährungsberaterin – und gründete die Olive Green Academy, eine Initiative, die palästinensische Frauen für Klimafragen sensibilisiert.
Sie ist keine klassische Schönheitskönigin, sondern eine Aktivistin im Abendkleid. Eine Frau, die ihre Plattform nutzen möchte, um über Themen zu sprechen, die oft unsichtbar bleiben – etwa die Rolle von Frauen in nachhaltigen Projekten oder ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit.
Schönheit trifft Politik
Dass ihre Teilnahme nicht nur kulturelle, sondern auch politische Dimensionen hat, liegt auf der Hand. Der Wettbewerb findet in einer Zeit statt, in der die Weltlage angespannt ist: Seit dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 führt Israel eine verheerende Offensive in Gaza, die nach Angaben der UNO mehr als 62.000 Todesopfer gefordert hat – überwiegend Zivilisten.
Parallel dazu wächst die internationale Unterstützung für eine Anerkennung Palästinas. Mehrere Staaten, darunter Frankreich, wollen im September bei der UN-Generalversammlung diesen Schritt offiziell vollziehen. In diesem Kontext wirkt Ayoub wie ein Symbol für eine Nation, die Gehör finden will.
Mehr als Glamour
Wer also denkt, Miss Universe sei bloß ein Laufsteg für funkelnde Abendkleider, unterschätzt die Bühne. Für Ayoub ist dies eine Plattform, auf der sie von Resilienz, Empowerment und Hoffnung erzählen will – mit einem Scheinwerfer, der sonst nur selten auf die palästinensische Zivilgesellschaft gerichtet ist.
Natürlich bleibt die Frage: Kann ein Schönheitswettbewerb tatsächlich politische Wirkung entfalten? Vielleicht nicht unmittelbar. Aber manchmal reicht schon das Bild einer Frau im Scheinwerferlicht, die mit klarem Blick sagt: „Wir sind hier, wir leben, wir geben nicht auf.“
Und genau das macht Nadeen Ayoub zu einer außergewöhnlichen Kandidatin. Sie tritt nicht nur gegen andere Schönheitsköniginnen an – sie tritt für eine ganze Gemeinschaft auf die Bühne.
Autor: C.H.
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