Tag & Nacht




Der Frühling lockt – und mit ihm das Leben im Garten. Doch statt alles blitzblank zu halten und jede Ecke „aufzuräumen“, ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, sich zurückzulehnen und die Natur machen zu lassen. Klingt ungewöhnlich? Vielleicht. Aber genau so lässt sich Biodiversität fördern, sogar auf wenigen Quadratmetern direkt vor der eigenen Haustür.

Denn während in Meeren, Wäldern und Schutzgebieten mit großem Aufwand um das Überleben von Tier- und Pflanzenarten gerungen wird, vergessen viele: Die wirklich großen Flächen liegen direkt in Privatgärten. In Frankreich sind das satte 17 Millionen – viermal so viel Fläche wie alle Naturschutzgebiete zusammen. Zeit also, den eigenen Garten zu einem echten Schutzraum zu machen. Hier sind sechs wirksame und gleichzeitig verblüffend einfache Tipps.

1. Schluss mit dem Füttern der Vögel – zumindest im Frühling

Was im Winter Leben rettet, wird im Frühling zur Belastung. Die beliebten Fettknödel und Samenmischungen sollten jetzt wieder aus dem Garten verschwinden. Warum? Weil sie viel zu fetthaltig sind – gerade für Jungvögel, die ab dem Frühling schlüpfen und ausschließlich mit eiweißreicher Nahrung großgezogen werden sollten.

Die Experten der Ligue de Protection des Oiseaux (LPO) raten: Die Futtergaben über sieben bis zehn Tage langsam reduzieren und dann einstellen. Wichtig bleibt jedoch das Trinkwasser – am besten in einem regelmäßig gereinigten, flachen Gefäß. Denn Hitzeperioden werden länger und heftiger, und Wasser kann dann für die Vögel überlebenswichtig sein.

2. Hecken und Bäume einfach in Ruhe lassen

Von Mitte März bis Ende August herrscht Brutzeit. Wer in dieser Zeit zur Heckenschere greift, stört möglicherweise eine ganze Vogelfamilie – oder gefährdet sie sogar. Die LPO empfiehlt deshalb, auf Rückschnitt komplett zu verzichten. Wer das im Winter verpasst hat? Kein Problem. „Ein paar wilde Zweige schaden nicht“, sagt Biodiversitäts-Experte Aurélien Daloz. Im Gegenteil – sie helfen sogar.

Noch besser: heimische Gehölze pflanzen. Ob Schlehe, Hasel oder Weißdorn – diese Sträucher sind nicht nur schön, sondern echte Insekten-Magneten. Und offene Hecken mit kleinen Durchgängen sind besonders wichtig für Igel, die auf ihren nächtlichen Streifzügen freie Wege brauchen.

3. Die Wiese darf leben – und blühen

Eine englische Rasenfläche ohne einen Halm zu viel? Für die Natur ein Albtraum. Wer ständig mäht, nimmt Schmetterlingen, Wildbienen und Käfern ihre Lebensgrundlage. „Ein Rasen, der auf vier Zentimeter getrimmt wird, ist ökologisch tot“, bringt es Noëlle Parisi vom Jardin des Plantes in Paris auf den Punkt.

Lösung: Nicht überall mähen! Die Flächen rund um den Grillplatz oder das Spielhaus dürfen gerne gepflegt bleiben, aber an den Rändern – oder mitten im Garten – dürfen Blumen und Gräser hoch wachsen. So entstehen Lebensräume, Nahrungsoasen und sogar Mikroklimata.

4. Kleine Refugien statt Insektenhotels von der Stange

Die beliebten „Hotels“ für Insekten sind gut gemeint, aber nicht immer hilfreich. Oft ziehen sie invasive Arten wie die asiatische Blattschneiderbiene an oder fördern Krankheiten. Besser ist die „Zimmervermietung im Grünen“: Ein Haufen Laub in der Ecke, ein paar alte Ziegel, ein Stück totes Holz oder ein kleiner Strohhaufen reichen oft schon aus.

Und wer noch einen Schritt weiter gehen will, legt eine kleine Teichanlage an – selbst eine Wanne mit flachen Ufern reicht aus, um Frösche, Libellen und Vögel anzuziehen. Wichtig: keine Fische! Die fressen nämlich Insektenlarven und Amphibieneier – und das wäre dann doch kontraproduktiv.

5. Pflanzen, die sich gegenseitig helfen

Chemie war gestern – heute geht es um kluge Pflanzennachbarschaft. Seit 2019 sind synthetische Pestizide im Privatgebrauch in Frankreich verboten. Gut so. Denn viele Pflanzen helfen sich gegenseitig auf ganz natürliche Weise. Zwiebelgewächse wie Lauch, Knoblauch oder Schnittlauch vertreiben Schädlinge. Thymian schützt vor Weißen Fliegen, während Ringelblumen und Dill allerlei Nützlinge anlocken.

Ein echtes Dreamteam: Karotten und Kartoffeln neben Rizinus – das schreckt Wühlmäuse ab. Und wer einen Teich hat, profitiert gleich doppelt – Kröten sind großartige Schneckenbekämpfer.

6. Licht aus für die Nachtaktiven

Wenig beachtet, aber enorm wirksam: Lichtverschmutzung stoppen. Viele nachtaktive Tiere – darunter 80 Prozent der Schmetterlinge – verlieren durch künstliches Licht Orientierung, Fortpflanzungschancen und Lebensräume. Die Lösung? Außenbeleuchtung nur dann einschalten, wenn sie wirklich gebraucht wird.

Solarlampen, die die ganze Nacht durchglimmen, mögen harmlos wirken – stören aber trotzdem massiv. Ideal sind Leuchten mit gerichteter Beleuchtung nach unten und Timer-Funktion. Das spart auch Strom – Win-win, oder?

Natur beginnt vor der Haustür

Ob Landhausgarten oder städtischer Balkon: Jeder Quadratmeter zählt. Die Natur braucht keine sterile Ordnung, sondern kleine Räume, in denen sie atmen kann. Wer zulässt, dass sie sich entfaltet, wird schnell merken – ein lebendiger Garten ist nicht nur schön, sondern auch überraschend laut, bunt und faszinierend.

Und mal ehrlich: Gibt es etwas Schöneres, als morgens vom Gesang eines Vogels geweckt zu werden, der sich dank deiner ungeschnittenen Hecke ein Nest gebaut hat?

Catherine H.

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