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Ein neuer Gesetzentwurf wurde am Mittwoch, dem 2. November, im Ministerrat vorgestellt. Er zielt darauf ab, den Bau neuer Atomreaktoren zu beschleunigen.

Die Regierung legte am Mittwoch, dem 2. November, im Ministerrat einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Baus von Atomreaktoren vor, während die öffentliche Debatte über den Stellenwert der Atomenergie in Frankreich gerade erst beginnt.

„Wenn wir sowohl energiepolitisch unabhängig sein als auch unsere Klimaziele einhalten wollen, müssen wir die fossilen Energien durch kohlenstoffarme Energien ersetzen. Die Kernenergie ist heute die kohlenstoffärmste aller Lösungen, über die wir verfügen“, rechtfertigte Ministerin Agnès Pannier-Runacher am Freitag im Kernkraftwerk Chinon (Indre-et-Loire) den Schritt der Regierung. Der Bedarf an Elektrizität wird steigen und das Land will und muss sich von fossilen Brennstoffen befreien.

Der Gesetzentwurf sieht den Bau neuer kleinerer Kernkraftwerke (EPR) vor. Die ersten beiden sollen in Penly (Seine-Maritime) und anschließend in Gravelines (Nord) errichtet werden. Der Standort eines dritten Reaktorneubaus ist noch nicht festgelegt, aber das Rhonetal (Bugey oder Tricastin) wird in Betracht gezogen.

Emmanuel Macron könnte den Grundstein noch vor dem Ende seiner Amtszeit im Jahr 2027 legen, auch wenn die Inbetriebnahme des ersten neuen EPR-Kraftwerks nicht vor 2035 oder gar 2037 erfolgen wird.

Der am Mittwoch vorgestellte Gesetzentwurf zielt darauf ab, „Zeit zu sparen“, indem die Verwaltungsverfahren vereinfacht werden: So wären die Standorte beispielsweise von der Stadtplanungsgenehmigung befreit, da die Konformitätskontrolle von staatlichen Stellen übernommen würde. Die Projekte sollen „dem überwiegenden öffentlichen Interesses entsprechen, was es ihnen ermöglicht, von einer der Bedingungen für die Gewährung von Ausnahmen in Bezug auf geschützte Arten zu profitieren“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Und die Arbeiten an Gebäuden, die nicht für die Aufnahme radioaktiver Stoffe bestimmt sind, können schon vor Abschluss der öffentlichen Anhörung durchgeführt werden.

Der Gesetzentwurf „greift weder den laufenden Beratungen noch den künftigen Energie- und Klimagesetzen vor, die letztendlich entscheiden werden“, versicherte das Umweltministerium. „Wir wünschen uns eine Zustimmung der Bevölkerung und der gewählten Volksvertreter“, sagte Ministerin Agnès Pannier-Runacher in Chinon. Die Parlamentarier sollen ab der zweiten Hälfte des Jahres 2023 über Frankreichs neue Klima-Energie-Strategie abstimmen.

Bis dahin können die Franzosen ihre Meinung äußern. Eine öffentliche Debatte über den Bau der sechs EPR-Kernkraftwerke hat bereits am 27. Oktober begonnen und wird bis zum 27. Februar dauern. Gleichzeitig wird von der Regierung bis zum 31. Dezember eine weitere, umfassendere Diskussion zum Thema Energie organisiert, die insbesondere online durchgeführt wird (concertation-energie.gouv.fr).

Diese beiden Prozesse, deren Zusammenfassungen anschliessend den Parlamentariern übergeben werden, sollen die Planungen des Netzbetreibers RTE bis 2050 beeinflussen. Alle diskutierten Szenarien beinhalten einen Anstieg der erneuerbaren Energien mit einem variablen Anteil an Kernenergie (oder gar keiner Kernenergie, was jedoch zu sehr proaktiven Sparmaßnahmen zwingen würde). Frankreich, das rund 70% seines Stroms aus der Kernkraft bezieht, hatte 2015 beschlossen, seine Versorgungsquellen zu diversifizieren, indem es 14 seiner 58 Reaktoren stilllegen wollte (zwei davon sind bereits geschlossen), bevor Emmanuel Macron Ende 2021 eine Kehrtwende ankündigte.


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