Tag & Nacht




Der Sommer 2025 schreibt schon Geschichte.

Und diesmal ist es eine, die niemand hören will.

Über Frankreich, die Schweiz und große Teile Europas liegt ein Hitzedom, der selbst erfahrene Meteorologen sprachlos macht. In der Schweiz, bei Payerne, wurde ein neuer Rekord gemessen: Die 0-Grad-Isotherme, also jene Höhe, in der die Temperatur auf null Grad Celsius fällt, stieg auf 5.298 Meter.

So hoch wie noch nie.

Aber was bedeutet das überhaupt?

Normalerweise liegt diese Grenze im Sommer in den Alpen irgendwo zwischen 3.000 und 3.500 Metern.

Doch 5.298 Meter? Das heißt: Selbst der höchste Gipfel der Alpen, der Mont Blanc mit seinen 4.810 Metern, lag komplett im Plusgradbereich. Man stelle sich vor, man wandert dort oben – und es fühlt sich nicht eisig an, sondern wie ein schmelzendes Wassereis in der Hand an einem heißen Junitag.

🏔️ Warum steigt die Nullgradgrenze so extrem an?

Meteorologen sprechen von einem persistenten Hitzedom: Warme, stabile Luftmassen werden unter hohem Luftdruck wie in einem riesigen Topfdeckel eingesperrt. Kein Lüftchen vertreibt die Hitze. Kein Regen kühlt den Boden. Tag für Tag staut sich die Wärme – bis sie alles durchdringt.

Frage: Wenn wir solche Rekorde heute sehen – was wird dann in 20 oder 50 Jahren sein?

❄️ Die Folgen: Schmelze. Stress. Gefahr.

Für die Alpengletscher bedeutet das eine Schmelze im Turbo-Modus. Sie verlieren nicht nur Masse, sondern auch ihre Funktion als Süßwasserspeicher. Viele Flüsse in Europa hängen direkt von ihrem Schmelzwasser ab – für Strom, Landwirtschaft, Trinkwasser.

Gleichzeitig steigt das Risiko von Gletscherseeausbrüchen und Überschwemmungen, wenn Wassermassen plötzlich frei werden und zu Tal stürzen.

Und die Tier- und Pflanzenwelt? Viele alpine Arten sind an Kälte angepasst. Wo sollen sie noch hin, wenn es selbst ganz oben zu warm wird?

Ein klarer Marker des Klimawandels

Diese Zahl – 5.298 Meter – ist kein meteorologisches Kuriosum, sondern ein alarmierender Indikator. Sie zeigt uns: Der Klimawandel ist längst da und schreitet schneller voran, als viele Modelle es vor wenigen Jahrzehnten vorhergesagt haben.

  • Extreme Hitzewellen wie diese werden häufiger, länger, intensiver.

Ein Wissenschaftler der Glaziologie sagte neulich:

„Wenn die Nullgradgrenze höher liegt als der Mont Blanc, kannst du dir vorstellen, wie es um den Permafrost steht.“

Er hat recht. Wo kein Frost mehr bleibt, löst sich der Kitt der Berge. Felsstürze, Muren, Steinschläge – alles wird wahrscheinlicher.

Warum ist die Nullgradgrenze so wichtig?

Sie ist die Gefrierlinie der Atmosphäre. Sie entscheidet, ob Niederschlag als Regen oder Schnee fällt, ob Gletscher Masse gewinnen oder verlieren, wie stabil der Permafrost bleibt.

Steigt sie, verschieben sich ganze ökologische und geophysikalische Systeme der Alpenregion.

Was jetzt zu tun ist

Politisch. Wissenschaftlich. Gesellschaftlich.

✔️ Klimaschutz verstärken, um die Erwärmung zu bremsen. Jeder Zehntelgrad weniger bedeutet real weniger Schmelze, weniger Artensterben, weniger Risiken.

✔️ Anpassung beschleunigen: Wassermanagement umstellen, Frühwarnsysteme ausbauen, Ökosysteme widerstandsfähiger machen.

✔️ Internationale Zusammenarbeit vertiefen, denn das Klima kennt keine Staatsgrenzen.

Und wir als Einzelne?

Wir können den Hitzedom nicht wegzaubern.

Aber wir können Druck auf die Politik ausüben, unsere Netzwerke nutzen und unser Leben Stück für Stück klimafreundlicher gestalten. Nicht aus Zwang, sondern weil es unsere gemeinsame Überlebensgrundlage schützt.

Denn: Was nützt der höchste Berg, wenn sein Fundament schmilzt?

Ein Weckruf aus der Höhe

Die 0-Grad-Grenze auf 5.298 Metern. Ein Rekord, der nicht gefeiert wird. Sondern eine Mahnung, dass physikalische Realitäten nicht verhandelbar sind. Egal, welche Narrative, Interessen oder Ausreden wir dagegenstellen.

Autor: Andreas M. Brucker


Quellen: Météo-France (2025), MeteoSwiss (2025), IPCC AR6 (2023), Nature Climate Change (Vol. 14, 2025)

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!