Am kommenden Sonntag wird es in Paris laut – und zwar doppelt. Während sich Anhänger des Rassemblement National (RN) auf der Place Vauban versammeln, um ihre verurteilte Parteivorsitzende Marine Le Pen zu unterstützen, ruft ein breites Bündnis linker Kräfte zur Gegendemonstration auf. Ort des Geschehens: die symbolträchtige Place de la République. Organisiert wird der Protest von La France Insoumise (LFI) und Les Écologistes – unter dem Motto: Kein Fußbreit der extremen Rechten.
Eine Verurteilung, die Wellen schlägt
Die politische Kulisse könnte kaum brisanter sein: Marine Le Pen wurde erst kürzlich wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt – vier Jahre Freiheitsstrafe, davon zwei Jahre zur Bewährung, 100.000 Euro Geldstrafe und vor allem: fünf Jahre politische Unwählbarkeit. Ein politisches Erdbeben? Eher ein Vulkanausbruch. Denn der RN betrachtet das Urteil als Teil einer Kampagne gegen seine Vorsitzende und inszeniert Le Pen prompt als Opfer des Establishments.
Kontern mit klarer Haltung
Doch das lassen LFI und Les Écologistes nicht unkommentiert stehen. In einer gemeinsamen Offensive rufen sie zu einer kraftvollen Antwort auf – „Lassen wir nicht zu, dass die extreme Rechte ihr Gesetz macht“, betont Mélenchons Partei. Marine Tondelier von Les Écologistes legt nach und hebt hervor, wie entscheidend es sei, am Sonntag den Rechtsstaat zu verteidigen.
Das ist mehr als nur Symbolpolitik – es ist eine klare Kampfansage.
Breite Unterstützung aus der Zivilgesellschaft
Die linke Mobilisierung bleibt nicht auf politische Parteien beschränkt. Zahlreiche Organisationen haben sich angeschlossen: das von Benoît Hamon initiierte Parti Génération.s, die kämpferische Gewerkschaft Solidaires, das globalisierungskritische Netzwerk Attac sowie die antifaschistische Bewegung Jeune Garde. Dazu kommen Schüler- und Studierendenvertretungen wie die Union syndicale lycéenne und die Union étudiante.
Ein Schulterschluss von Alt und Jung, von politisch Erfahrenen und Aktivisten der neuen Generation – vereint durch das Ziel, dem RN die Stirn zu bieten.
Ein Paris – zwei Welten
Was sich am Sonntag in der französischen Hauptstadt abspielen wird, ist mehr als nur ein politischer Schlagabtausch. Es ist ein Abbild der tiefen Spaltung im Land. Hier: Menschen, die sich Sorgen um Demokratie und Menschenrechte machen. Dort: eine Partei, die sich zunehmend als Sprachrohr der Unzufriedenen inszeniert, dabei aber mit rechtspopulistischen Parolen die Grundpfeiler der Republik infrage stellt.
Man spürt förmlich, wie sehr sich die Fronten verhärtet haben.
Demokratie braucht Rückgrat – und Lautstärke
Der Appell der Linken ist deutlich: Wer den Rechtsstaat verteidigen will, darf nicht schweigen. Die Demonstration ist deshalb nicht nur Reaktion, sondern auch Ausdruck eines selbstbewussten politischen Anspruchs – ein öffentliches „Nicht mit uns!“. Es ist der Versuch, der Öffentlichkeit zu zeigen: Es gibt eine Alternative zur Rhetorik des RN, zur Verklärung von Le Pen und zu den Angriffen auf demokratische Institutionen.
Ein paar Straßen weiter werden Bardella, Aliot und Ciotti gegen das Le-Pen-Urteil wettern. Die Platzwahl? Ein bewusstes Signal. Und genau deshalb ist es umso wichtiger, dass die Place de la République von lautem, vielfältigem Protest erfüllt wird.
Was steht auf dem Spiel?
Die Demonstration mag kurzfristig ein Ereignis unter vielen sein. Doch sie ist eingebettet in eine größere Dynamik – die Zukunft der französischen Demokratie. Die Verurteilung Le Pens ist juristisch gesprochen ein Einzelfall, politisch aber ein Weckruf. Für die einen ist sie Märtyrerin. Für die anderen eine Warnung davor, wie nah Rechtspopulismus und Missbrauch öffentlicher Mittel beieinanderliegen.
Und was denkt eigentlich die schweigende Mitte?
Keine Zeit für Gleichgültigkeit
Viele Menschen sind politikmüde, frustriert von Krisen und Skandalen. Aber gerade in solchen Zeiten kommt es auf die Haltung an. Der Sonntag wird zeigen, wie groß die Bereitschaft ist, sich für die Grundwerte der Republik einzusetzen. Und vielleicht wird auch der ein oder andere Passant zufällig vorbeikommen, stehen bleiben – und merken, dass es manchmal Mut braucht, um den Mund aufzumachen.
Denn Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie lebt davon, dass Menschen für sie einstehen.
Ein Tag, zwei Zeichen
In Paris stehen sich am 6. April zwei Welten gegenüber. Und selbst wenn kein unmittelbarer politischer Durchbruch erzielt wird, so geht es doch um mehr: um Sichtbarkeit, um Präsenz, um das Gefühl, nicht allein zu sein. Wer demonstriert, sendet ein Signal. Wer schweigt, überlässt anderen die Bühne.
Wird die linke Mobilisierung den gewünschten Effekt haben? Die Antwort liegt – wie so oft – auf der Straße.
Von C. Hatty
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!