Peter Andreas Thiel gilt als eine der schillerndsten Figuren an der Schnittstelle von Technologie und Politik. Geboren 1967 in Frankfurt am Main, aufgewachsen in den USA und teils in Südafrika, wurde er nicht nur zu einem der erfolgreichsten Tech-Investoren des Silicon Valley, sondern auch zu einem politischen Strippenzieher im Hintergrund von Donald Trumps zweiter Amtszeit. Während andere Milliardäre der Branche Distanz zur Politik wahren, sucht Thiel seit Jahren die Nähe zur Macht – und prägt mit seinen Ideen das ideologische Fundament des heutigen Trumpismus.
Intellektueller Widerspruchsgeist
Thiels Karriere wurzelt in der intellektuellen Welt von Stanford, wo er Philosophie und Rechtswissenschaften studierte. Schon früh profilierte er sich als „Contrarian“ – jemand, der bewusst gegen den Strom schwimmt. Er wandte sich gegen politische Korrektheit und bezog Anleihen bei Denkern wie Ayn Rand und Carl Schmitt. Besonders Schmitts Kritik an der liberalen Demokratie beeinflusste Thiel nachhaltig.
Seine Geschäftskarriere begann mit der Gründung von PayPal, gefolgt von Palantir Technologies, einem Unternehmen mit enger Zusammenarbeit zu US-Sicherheitsbehörden. Mit frühen Investitionen in Facebook stieg er in die Spitzenliga der Tech-Milliardäre auf. Doch Thiel sah Technologie nie nur als Geschäft, sondern auch als politisches Werkzeug.
Trump als politisches Investitionsprojekt
Als Donald Trump 2016 für die Präsidentschaft kandidierte, war Thiel einer der wenigen prominenten Tech-Unternehmer, die ihn offen unterstützten. Er finanzierte Wahlkampfgruppen mit Millionen Dollar und trat auf dem Parteitag der Republikaner als Redner auf – damals ein ungewöhnlicher Schritt in einem Umfeld, das traditionell eher Distanz zur Tech-Industrie pflegt.
Noch wichtiger war seine Rolle nach der zweiten Wahl Trumps. Thiel verschaffte sich als Insider des Silicon Valley direkten Zugang zum Transition Team des künftigen Präsidenten und positionierte sich damit als Mittler zwischen Technologie-Eliten und politischer Macht. Die Botschaft: Während andere Unternehmer den politischen Betrieb mieden, verstand Thiel ihn als Feld strategischer Gestaltung.
Strategische Personalpolitik: der Fall J.D. Vance
Besonders sichtbar wird Thiels Einfluss an der Figur J.D. Vance. Der Autor des Bestsellers Hillbilly Elegy stieg mit massiver Unterstützung Thiels in die Politik ein. Über sein Investmentvehikel Mithril Capital förderte Thiel Vance zunächst wirtschaftlich, später politisch: Rund 15 Millionen Dollar flossen in dessen Senatswahlkampf in Ohio 2022. Der Erfolg machte Vance rasch zu einem der wichtigsten Nachwuchspolitiker der Republikaner.
Heute gilt Vance als Vizepräsident automatisch als möglicher Nachfolger Trumps – eine Entwicklung, die ohne Thiels Förderung kaum denkbar gewesen wäre. Beobachter sprechen daher von Vance als „politischer Verlängerung“ Thiels, einem Vehikel für dessen langfristige ideologische Agenda.
Ideologisches Fundament: Freiheit ohne Demokratie
Thiels Einfluss beschränkt sich nicht auf Finanzierungsfragen. Er ist auch ein Vordenker, dessen Schriften aufhorchen lassen. In seinem Essay The Education of a Libertarian (2009) vertritt er die These, dass Demokratie und individuelle Freiheit letztlich unvereinbar seien. Fortschritt sei nur durch technologische Innovation und die Herrschaft einer leistungsorientierten Elite möglich.
Diese Grundhaltung spiegelt sich in vielen Politikfeldern wider, die unter Trump in seiner zweiten Amtszeit zunehmend an Gewicht gewannen: der Abbau von Regulierung, die Zurückdrängung sozialstaatlicher Elemente, die Betonung von Sicherheit und Kontrolle. Kritiker sehen darin den Versuch, eine technokratische Utopie zu etablieren, in der demokratische Institutionen zunehmend unterlaufen werden.
Vom Frankfurter zum ideologischen Motor des Trumpismus
In Deutschland wird Thiel oft als „mächtigster Deutscher im Silicon Valley“ beschrieben. Medien wie Deutschlandfunk oder t3n zeichnen ihn als politisch entfesselten Neoreaktionär, der mit Geld, Netzwerken und Ideen eine konservative Kulturwende in den USA befeuert.
Während Trump die öffentliche Bühne dominiert, wirkt Thiel im Hintergrund: als Investor, Mentor und Ideologe. Sein Einfluss ist subtil, aber langfristig angelegt. Er denkt Politik nicht in Wahlzyklen, sondern in Generationen. Die Platzierung von Vertrauten wie Vance, die finanzielle Unterstützung konservativer Bewegungen und die Förderung von Think-Tanks zeigen eine strategische Geduld, die ihn von anderen politischen Geldgebern unterscheidet.
Am Ende steht ein paradoxes Bild: ein in Frankfurt geborener Tech-Milliardär, der die Zukunft Amerikas mitgestaltet – weniger durch öffentliche Präsenz als durch die leisen Hebel seiner finanziellen Macht. Während Trump als Gesicht des Populismus auftritt, liefert Thiel im Hintergrund die theoretischen und finanziellen Grundlagen. Sein Ziel: ein politisches System, das weniger von Mehrheiten als von technologischer und ökonomischer Elite bestimmt wird.
Autor: Andreas M. Brucker
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