Tag & Nacht

Der Piment d’Espelette – ein Symbol für die Baskenkultur und ein wahrer Schatz der Region – steht vor einer der schwierigsten Saisons seiner Geschichte. Grund dafür sind extreme Wetterbedingungen, die den Produzenten im Südwesten Frankreichs zu schaffen machen. Doch wie rettet man eine Tradition, wenn die Natur sich gegen einen stellt?

Eine Ernte unter Zeitdruck

Auf den Feldern von Gilbert Darthayette und seinen Kollegen herrscht Hektik. Die verbleibenden Pimentpflanzen müssen so schnell wie möglich geerntet werden, bevor neuer Regen das Land durchweicht. Auf einer Fläche von anderthalb Hektar hängen nur noch wenige Schoten – jede einzelne davon ist kostbar.

Die Bilanz der Saison ist erschütternd: Nur 55 % der Ernte im Vergleich zum Vorjahr konnten eingefahren werden, und schon 2022 galt als unterdurchschnittlich. „Dieses Jahr ist schlichtweg katastrophal“, erklärt Darthayette. Schuld daran sei vor allem der regenreiche Herbst. Innerhalb von drei Monaten fiel die Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres.

Klein, nass, und kaum verwertbar

Nach der Ernte geht die Arbeit weiter. Bevor die Pimente zu Pulver verarbeitet werden können, müssen sie getrocknet und einzeln kontrolliert werden. Doch was die Produzenten vorfinden, lässt die Stimmung noch weiter sinken: Viele Pimente sind schlicht zu klein oder von zu schlechter Qualität, um als Pulver verarbeitet zu werden.

Die Konsequenz ist ein hoher finanzieller Verlust. Der Piment d’Espelette ist zwar für seine Handarbeit bekannt – doch wenn die Menge fehlt, wird der Produktionsaufwand schnell zur wirtschaftlichen Last.

Ein Hoffnungsschimmer: Anpassung der AOP-Regeln

Angesichts der schwierigen Umstände haben die Produzenten bei der zuständigen Organisation beantragt, die Regeln der Appellation d’Origine Protégée (AOP) zu lockern. Konkret fordern sie 15 zusätzliche Erntetage, um den Schaden zu begrenzen. Doch auch das wird nicht alle Betriebe retten.

Bereits jetzt haben zehn Produzenten aufgegeben, weil die Belastungen zu groß wurden. Ein Schicksal, das zeigt, wie fragil selbst traditionsreiche Branchen unter dem Druck des Klimawandels sein können.

Der Piment wird zum „roten Gold“

Eine mögliche Lösung, um den Verlust auszugleichen, liegt in einer Preiserhöhung. Schon jetzt gilt der Piment d’Espelette als Luxusprodukt – doch die Ernteausfälle könnten dazu führen, dass er noch teurer wird. Einige Cent pro 100 Gramm mehr könnten helfen, die finanzielle Belastung der Produzenten zu mildern.

Nie zuvor war die Bezeichnung „rotes Gold des Baskenlandes“ so passend. Die Preissteigerung dürfte jedoch auch Diskussionen bei den Verbrauchern auslösen. Kann und will man für ein regionales Produkt noch tiefer in die Tasche greifen?

Tradition unter Druck

Der Piment d’Espelette ist mehr als nur ein Gewürz. Er steht für Handarbeit, Tradition und die baskische Identität. Doch was passiert, wenn diese Identität zunehmend vom Wetter bedroht wird? Die Produzenten kämpfen nicht nur gegen den Regen, sondern auch gegen die Unsicherheit, die der Klimawandel mit sich bringt.

Die Krise in der Branche zeigt, wie eng Landwirtschaft, Natur und Wirtschaft miteinander verbunden sind – und wie schnell das Gleichgewicht ins Wanken geraten kann.

Ein Blick nach vorne

Wird der Piment d’Espelette die schwierigen Zeiten überstehen? Die Produzenten hoffen es, doch der Weg wird steinig. Mit Preiserhöhungen und flexibleren Regeln könnten einige Betriebe gerettet werden, doch ohne eine langfristige Lösung bleibt die Frage: Wie oft kann sich die Branche solche Saisons leisten, bevor sie zusammenbricht?

Die baskische Kultur mag stark und widerstandsfähig sein – aber selbst das „rote Gold“ braucht Sonnenschein, um zu glänzen.


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