In Vitry-sur-Seine, südlich von Paris, wurde am Morgen des 17. April der größte Squat Frankreichs geräumt. Die Maßnahme fand genau 100 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele 2024 statt und betrifft rund 450 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, die in den verlassenen Gebäuden eines ehemaligen Unternehmens Unterschlupf gefunden hatten.
Einige der Bewohner hatten das Gelände bereits im Vorfeld verlassen, nachdem Gerüchte über die bevorstehende Räumung aufgekommen waren. Die Polizeiaktion, bei der laut Angaben der Präfektur des Départements Val-de-Marne etwa 250 Beamte im Einsatz waren, wurde von Medien und verschiedenen Menschenrechts- sowie Migrantenhilfsorganisationen aufmerksam verfolgt.
Kritik von Hilfsorganisationen
Die verbliebenen etwa 300 Bewohner, die teilweise seit mehreren Monaten in den Gebäuden lebten, mussten die Räumlichkeitskurz nach 8 Uhr morgens verlassen. Viele von ihnen waren aufgrund der angespannten Wohnsituation im privaten Sektor oder der Wartezeit auf eine Sozialwohnung dort untergekommen. Die Organisation United Migrants merkt an, dass 80% der Betroffenen sich legal in Frankreich aufhalten.
Das Collectif Accès au droit kritisiert, dass die Betroffenen lediglich in temporäre Unterkünfte in Bordeaux und in den Pays de la Loire umgesiedelt wurden. Die Organisation betont, dass es sich dabei um keine dauerhafte Lösung handle: „Man räumt, man zerstreut, man macht unsichtbar“, so die Kritik auf der Plattform X.
Zunehmende Räumungen im Vorfeld der Spiele
Das Kollektiv Le Revers de la médaille, ein Zusammenschluss von Organisationen, die sich für Menschen in prekären Lebenssituationen einsetzen, warnt seit Monaten vor einer Intensivierung der Räumungen von Notunterkünften im Vorfeld der Olympischen und Paralympischen Spiele. Diese Maßnahmen spiegeln eine Tendenz wider, die sichtbare Präsenz von Armut und Obdachlosigkeit im städtischen Raum vor großen internationalen Ereignissen zu minimieren.
Diese Räumung wirft Fragen auf bezüglich der sozialen Verantwortung und der Prioritäten von Stadtverwaltungen im Kontext globaler Veranstaltungen wie den Olympischen Spielen. Es bleibt abzuwarten, welche langfristigen Lösungen für die Betroffenen gefunden werden können, um ihre Situation nachhaltig zu verbessern.
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