Tag & Nacht


Der Himmel über Paris bleibt grau, die Straßen glänzen nass – und das nicht nur von einem gewöhnlichen Sommerregen. Ein nahezu stationärer Kaltlufttropfen bringt derzeit eine außergewöhnliche Wetterlage über die Region Île-de-France und darüber hinaus. Météo-France hat am Donnerstagmorgen, dem 24. Juli, eine Unwetterwarnung verlängert. Vierzehn Départements stehen unter Alarmstufe Orange – darunter auch ganz Paris samt Umland.

Ein Kaltlufttropfen also. Klingt harmlos, fast poetisch – doch Meteorologen wissen: Diese wettertechnische Erscheinung kann binnen kürzester Zeit zum Kraftpaket werden. Es handelt sich um ein isoliertes Tiefdruckgebiet in höheren Luftschichten, das sich nur langsam fortbewegt und massive Niederschläge im Gepäck hat. Genau das passiert derzeit über der französischen Hauptstadt.

Schon am frühen Donnerstagmorgen hatte Météo-France seinen Wetterbericht aktualisiert. Die zunächst bis zum Nachmittag befristete Warnung wurde bis mindestens 20 Uhr verlängert. Grund dafür: die anhaltenden Starkregenfälle und die damit verbundene Überflutungsgefahr. Betroffen sind nicht nur die Metropole Paris, sondern auch weite Teile der Île-de-France sowie angrenzende Départements.

Im Einzelnen stehen folgende Regionen unter Beobachtung: Eure-et-Loir, Loiret, Yonne, Yvelines, Hauts-de-Seine, Val-d’Oise, Essonne, Paris, Seine-Saint-Denis, Val-de-Marne, Seine-et-Marne, Aube, Marne und Aisne. Eine beachtliche Zone – und eine, die meteorologisch wie infrastrukturell besonders empfindlich auf derartige Lagen reagiert.

Was bedeutet das konkret? Laut Wetterdienst werden im Laufe des Tages zwischen 30 und 50 Liter Regen pro Quadratmeter erwartet. Lokal können es bis zu 70 Liter sein – ein Wert, der sonst mancherorts in einem ganzen Monat nicht erreicht wird. Besonders kritisch: Die Dauer des Ereignisses. Anders als bei kurzen Gewittern, die nach wenigen Stunden abziehen, sorgt der träge Kaltlufttropfen für stundenlangen Dauerregen mit potenziell gefährlichen Auswirkungen.

Vor allem der Pariser Nahverkehr, viele Pendlerstrecken und innerstädtische Verkehrsadern könnten betroffen sein. Schon kleinere Überschwemmungen reichen aus, um Busse lahmzulegen, Metrostationen zu fluten oder den Verkehr auf der Ringstraße zum Erliegen zu bringen. Wer heute also in Paris unterwegs ist – ob zu Fuß, mit dem Rad oder dem Auto – sollte Geduld mitbringen und wachsam sein.

Doch warum gerade jetzt? Juli gilt doch eigentlich als Hochsommermonat, sogar in der nördlichen Hälfte Frankreichs. Doch genau das ist das Wetterphänomen: Mitten im Sommer können Kaltlufttropfen entstehen, wenn kühlere Luftmassen aus Nordwesten auf feuchtwarme Luft treffen. Das Resultat: instabile Wetterlagen, heftige Gewitter, Platzregen – und genau diese Mischung trifft derzeit auf die dichtbesiedelten Räume rund um Paris.

Wer sich fragt, ob das alles übertrieben klingt: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Frankreich durchaus verletzlich ist gegenüber Extremwettereignissen. Die verheerenden Überschwemmungen im Süden, Hagelstürme über dem Zentrum, Hitzerekorde im Westen – der Klimawandel verändert die Dynamik des Wetters spürbar. Zwar lässt sich ein einzelnes Ereignis nie eindeutig dem Klimawandel zuschreiben, doch die Häufung und Intensität solcher Lagen passt ins Bild.

Der Blick auf die kommenden Stunden bleibt angespannt. Auch wenn sich die Wetterlage in der Nacht beruhigen soll – mit einer Entwarnung ist erst am Freitag zu rechnen. Bis dahin heißt es: vorsichtig bleiben, Wege meiden, die zu Überflutungen neigen, und lokale Wetterhinweise ernst nehmen.

Bleibt am Ende die Frage: Was lässt sich aus diesem Tag lernen? Vielleicht, dass das Wetter in Europa längst nicht mehr so berechenbar ist wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Und dass selbst der sonst so zuverlässige Pariser Sommer von einem unscheinbaren Kaltlufttropfen ziemlich aus dem Takt gebracht werden kann.

Autor: Andreas M. Brucker

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