Robert F. Kennedy Jr. ist eine polarisierende Figur – ehemaliger Umweltaktivist, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und nun Gesundheitsminister unter Donald Trump. Wie konnte der Neffe von John F. Kennedy an die Spitze einer Behörde mit über 80.000 Mitarbeitern gelangen? Seine Ernennung sorgt für Aufsehen, seine Vergangenheit für Kontroversen.
Zerstritten mit der eigenen Familie
Kennedy Jr., inzwischen 71 Jahre alt, stammt aus der wohl berühmtesten politischen Familie der USA. Doch während der Name „Kennedy“ für viele als Synonym für liberale Politik steht, hat sich Robert F. Kennedy Jr. davon weit entfernt.
Seine Familie hat sich öffentlich von ihm distanziert. Kerry Kennedy, seine Schwester, erklärte 2023: „Bobby mag unseren Vater als Namensgeber haben, aber nicht seine Werte.“ Caroline Kennedy, Tochter von John F. Kennedy, ging noch weiter: Sie warf ihm vor, die Tragödien der Familie für seine Zwecke auszuschlachten – und stellte infrage, ob ein Mann mit solchen Motiven über Leben und Tod der Amerikaner entscheiden sollte.
Doch Kennedy Jr. weiß, wie man aus seinem Namen Kapital schlägt. Während seiner erfolglosen Präsidentschaftskandidatur ließ er einen Werbespot aus der Kampagne seines Onkels von 1960 nachdrehen. Zudem behauptete er, die CIA sei in die Ermordung von JFK verwickelt gewesen – und auch die Schuld von Sirhan Sirhan, dem Mörder seines Vaters, stellte er infrage.
Impfkritiker mit Millionen-Einnahmen
Robert F. Kennedy Jr. hat sich in den letzten Jahrzehnten als eine der bekanntesten Figuren der Anti-Impfbewegung etabliert. Offiziell behauptet er, kein Impfgegner zu sein, sondern sich lediglich für „Sicherheit“ einzusetzen. Doch seine Taten sprechen eine andere Sprache.
1999 begann er, sich gegen die Pharmaindustrie zu engagieren. 2007 gründete er die Organisation „Children’s Health Defense“ (CHD), die für die Verbreitung von Fehlinformationen über Impfstoffe berüchtigt ist. Unter anderem propagierte CHD die widerlegte These, dass Impfungen Autismus verursachen.
Diese Kampagnen brachten Kennedy Jr. nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch finanziellen Erfolg. Er verdiente Millionen mit Büchern und Vorträgen über angebliche Impfrisiken. Kritiker wie der Politologe Matt Motta werfen ihm vor, Wissenschaft nur dann anzuerkennen, wenn es ihm passt – oder wenn er damit Geld verdienen kann.
Besonders brisant: Während er öffentlich vor Impfungen warnte, ließ er seine eigenen Kinder impfen.
Sein Einfluss reicht weit über die USA hinaus. 2019 reiste er nach Samoa, wo nach seinem Besuch die Impfquote dramatisch sank – kurz darauf kam es zu einer Masernepidemie, bei der 83 Menschen starben. Als ihn der US-Senat darauf ansprach, spielte er die Tragödie herunter.
Ein Herz für Verschwörungstheorien
Kennedy Jr. verbreitet nicht nur Impfmythen, sondern auch eine Vielzahl anderer Verschwörungstheorien. Er behauptete unter anderem, die USA hätten den Ukraine-Krieg provoziert, Bill Gates habe mit einem Impfstoff in Indien 490.000 Kinder gelähmt und das US-Gesundheitsamt CDC sei eine „Marionette der Pharmaindustrie“.
Seine Nähe zu Donald Trump mag überraschen – schließlich war Kennedy jahrzehntelang Demokrat. Doch in einem Punkt ähneln sich die beiden: Sie misstrauen wissenschaftlichen Institutionen und bedienen sich einer Rhetorik, die Experten als Teil eines „korrupten Systems“ darstellt.
Kein Wunder, dass seine Ernennung auf Widerstand stößt. 77 Nobelpreisträger forderten im Dezember 2024, ihn nicht als Gesundheitsminister zu bestätigen – erfolglos.
Vom Junkie zum Minister
Seine Vergangenheit ist ebenso turbulent wie seine politischen Positionen. In den 1980er-Jahren war Kennedy Jr. heroinabhängig und wurde verhaftet. Er schaffte den Entzug, doch seine Cousine Caroline Kennedy warf ihm später vor, andere Familienmitglieder mit in den Abgrund gezogen zu haben. Sein jüngerer Bruder David starb 1984 an einer Überdosis.
Eine weitere verstörende Episode: Kennedy Jr. hielt Raubvögel als Haustiere und fütterte sie mit lebenden Mäusen und Küken, die er zuvor in einem Mixer zerkleinerte – eine Anekdote, die seine Familie als Beispiel für seine „gestörte Persönlichkeit“ anführt.
Sein Gesundheitszustand war auch in jüngerer Zeit Thema. 2024 enthüllte die „New York Times“, dass er unter einer Quecksilbervergiftung litt und ein Parasit Teile seines Gehirns zerstört hatte. Sein Wahlkampfteam beteuerte daraufhin, er sei „körperlich und geistig gesund“.
Der Umweltaktivist von einst
Dabei begann sein Karriereweg einst vielversprechend. Als junger Mann kämpfte er für den Umweltschutz und machte sich als Anwalt einen Namen. Er arbeitete für Organisationen wie „Riverkeeper“ und verklagte Unternehmen wegen Umweltverschmutzung.
In den 1990er-Jahren war er eine der wichtigsten Stimmen gegen die Verschmutzung des Hudson River, setzte sich für indigene Völker ein und kämpfte gegen Monsanto. 2018 war er Teil des Teams, das den Chemiekonzern wegen des Unkrautvernichters „Roundup“ vor Gericht brachte – ein historischer Sieg.
Doch auch hier gibt es Schattenseiten. Kritiker werfen ihm vor, sich als Gründer von „Riverkeeper“ ausgegeben zu haben, obwohl er die eigentlichen Initiatoren verdrängte. Zudem soll sein Umweltaktivismus oft von persönlichen Fehden getrieben gewesen sein.
Ein Minister mit ungewisser Zukunft
Kennedy Jr. ist ein Mann der Widersprüche: Umweltschützer und Impfgegner, Demokrat und Trump-Verbündeter, politischer Außenseiter und nun Minister. Seine Ernennung zeigt, wie tief die Kluft in der US-amerikanischen Politik geworden ist.
Doch wie lange kann sich jemand mit solch einer umstrittenen Vergangenheit in einer so wichtigen Position halten? Die ersten Monate seiner Amtszeit dürften turbulent werden – die Skepsis ist jedenfalls riesig.
Von C. Hatty
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!