Tag & Nacht

Obwohl der Sommer in die Verlängerung geht, muss Frankreich am Sonntag, dem 30. Oktober, wieder auf die umstrittene Winterzeit umstellen.

Um 3 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag wird es 2 Uhr morgens sein. Man sollte rechtzeitig daran denken, die Uhren und Wecker um 60 Minuten zurückzustellen, damit man eine Stunde länger schlafen kann. Glücklich darüber sind lediglich die Frühaufsteher: Sie profitieren von etwas mehr Licht in den frühen Morgenstunden, aber dafür wird es am Ende des Tages früher dunkel.

Die Zeitumstellung wurde erstmals 1916 eingeführt und 1944 wieder abgeschafft. Danach wurde sie im September 1975 durch ein Regierungsdekret wieder eingeführt. Es war eigentlich als vorübergehende Maßnahme gedacht und sollte den Energieverbrauch inmitten der Ölkrise einschränken.

Da die Frage der Energieressourcen aufgrund des Krieges in der Ukraine wieder heiß diskutiert wird und wir alle zum Energiesparen aufgerufen werden, könnte die Umstellung auf die Winterzeit als nützlich erscheinen. Aber ist sie das wirklich?

In der Praxis hat die Zeitumstellung nur einen minimalen Effekt auf den Energieverbrauch. Nach Angaben der Agence de la transition écologique (Ademe) hat die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit im Jahr 2009 zu Einsparungen bei der Beleuchtung in Höhe von 440 GWh geführt, was nur etwa 0,07% des gesamten Stromverbrauchs entspricht. Da die Beleuchtung zum Teil mit kohlenstoffhaltigen Energieträgern erzeugt wird, entsprachen diese Einsparungen einem CO2-Ausstoß von 50.000 Tonnen.

Seitdem hat sich dieser Effekt aufgrund der höheren Leistungsfähigkeit von Beleuchtungssystemen – Energiesparlampen und LEDs sind inzwischen an der tagesordnung – jedoch deutlich verringert. Im Jahr 2018 betrug die Energieeinsparung nur noch 351 GWh. Bis 2030 werden die Energieeinsparungen bei der Beleuchtung von der Ademe auf gerade mal 258 GWh geschätzt.

Da der Großteil des Energieverbrauchs in Privathaushalten auf die Heizung und nicht auf die Beleuchtung entfällt, ist der Nachweis von Energieeinsparungen noch weitaus weniger deutlich.

Schlimmer noch: Eine aktuelle britische Studie behauptet, dass die Abschaffung der Zeitumstellung im Oktober 400 Pfund Sterling (460 Euro) pro Haushalt und Jahr einsparen würde, da es abends länger hell bliebe, was die Stromnachfrage in Spitzenzeiten verringern würde.

Auf europäischer Ebene, wo die Regelung zur Zeitumstellung in den 1980er Jahren schrittweise verallgemeinert und 2002 harmonisiert wurde, hatte die Europäische Kommission 2018 vorgeschlagen, die Zeitumstellung im Jahr 2019 abzuschaffen. Das Europäische Parlament stimmte jedoch im März 2019 für eine Verschiebung auf 2021.

Seitdem ist die Frage der Zeitumstellung nach Brexit und der weltweiten Covid-Pandemie immer noch in der Schwebe. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, die Länder dazu zu bewegen, ihre gesetzliche Zeit (Sommer- oder Winterzeit) zu harmonisieren, um zu verhindern, dass es in Europa zu einem Flickenteppich von Zeitzonen kommt.

In Frankreich hatte eine Anfang 2019 von der Nationalversammlung organisierte Online-Umfrage mehr als zwei Millionen Antworten erhalten, die sich überwiegend (83,74%) für ein Ende der Zeitumstellung aussprachen. Mehr als 60% der Teilnehmer berichteten, „negative oder sehr negative Erfahrungen“ mit der Umstellung gemacht zu haben. Bei der Frage, welche Uhrzeit das ganze Jahr über beibehalten werden sollte, bevorzugten 59% die Sommerzeit (GMT+2).

Eine Besonderheit in Frankreich: Die Zeitumstellung betrifft nicht die überseeischen Gebiete, in denen die Zeit nie umgestellt wird (mit Ausnahme von Saint-Pierre und Miquelon, das sich nach dem benachbarten Kanada richtet). Die meisten Überseegebiete liegen in Breitengraden, in denen die Unterschiede in der Sonneneinstrahlung im Laufe des Jahres gering sind, ganz im Gegensatz zu Europa.

Weltweit haben bereits mehrere Länder wie Argentinien, Tunesien, Ägypten, die Türkei, Russland und Armenien beschlossen, die saisonale Zeitumstellung abzuschaffen.


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