Der Salon de l’Agriculture in Paris ist für viele Landwirte das wichtigste Ereignis des Jahres. Doch 2025 fehlen einige wichtige Akteure – darunter mehrere Départements aus Südwestfrankreich. Zu teuer, zu strenge Regeln, zu wenig Nutzen – das sind die Hauptgründe für ihre Absage.
Hohe Kosten in Zeiten knapper Kassen
Jahr für Jahr investierten Départements wie der Gers, das Lot oder die Dordogne hohe Summen in ihren Auftritt auf der Landwirtschaftsmesse. Doch 2025 wird es still um sie.
Der Grund? Sparmaßnahmen.
Frankreichs Regionen und Départements stehen unter Druck. Der Staat verlangt Einsparungen, und viele Lokalpolitiker müssen Prioritäten setzen. Jean-Jacques Lasserre, Präsident des Rats der Pyrénées-Atlantiques, sagt es klar: „Wir müssen das Wesentliche finanzieren – zum Beispiel die Unterstützung junger Landwirte oder Investitionen in die Betriebe.“
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, warum die Teilnahme auf den Prüfstand kommt:
- 100.000 Euro kostete die Messe für das Département Lot.
- 130.000 Euro zahlte die Haute-Garonne.
- 200.000 Euro fielen für den Gers und die Dordogne an.
- 300.000 Euro verschlang die Präsenz der Pyrénées-Atlantiques.
Angesichts solcher Beträge stellt sich eine Frage: Ist das Geld gut investiert oder eher ein teurer Luxus?
Kritik an den Messe-Regeln
Neben den Kosten sorgt eine weitere Entwicklung für Frust: Immer strengere Vorgaben der Organisatoren.
Serge Rigal, Präsident des Département-Rats im Lot, kritisiert: „Die Regeln passen nicht mehr zu unseren Werten.“ Früher konnten Landwirte auf ihren Ständen nicht nur ihre Tiere präsentieren, sondern auch regionale Spezialitäten verkaufen – eine wichtige Einnahmequelle. Doch das ist immer schwieriger geworden.
Ein Beispiel: Bauern dürfen zwar ihre Caussenarde-Schafe zeigen, aber keinen Rocamadour-Käse anbieten. Dasselbe Schicksal traf bereits Walnüsse und Trüffel.
Diese Einschränkungen verschärfen das Problem: Ohne den Verkauf von Produkten bleibt nur der hohe Messe-Standpreis – für viele Départements ein wirtschaftlich fragwürdiges Modell.
Wer profitiert von den freien Flächen?
Die Absage vieler Départements dürfte für andere Akteure eine Chance sein – vor allem für große Konzerne der Lebensmittelindustrie.
„Eigentlich ist Halle 1 für Tiere reserviert“, ärgert sich Serge Rigal. „Doch inzwischen tauchen dort Firmen wie Jeep, Lidl oder McDonald’s auf.“
Besonders Lidl steht in der Kritik. Der Discounter wurde von der Tierschutzorganisation L214 verklagt – wegen angeblicher Missstände in Schweinezuchtbetrieben, die Lidl unter dem Label „Tierwohl“ bewirbt. Dass ausgerechnet eine umstrittene Supermarktkette mit großem Stand vertreten ist, während traditionelle Landwirtschaftsbetriebe fernbleiben, sorgt für Unmut.
Ein weiteres Fehlen macht Schlagzeilen: Lactalis, der weltweit größte Molkereikonzern, verzichtet nach vier Jahren auf eine Teilnahme. 2024 wurde sein Stand von Demonstranten mit Gülle überschüttet, nachdem das Unternehmen angekündigt hatte, seine Milchabnahme in Frankreich zu reduzieren.
Neue Wege für die Produzenten
Bedeutet das Fehlen der Départements, dass ihre Landwirte ganz aus der Messe verschwinden? Nein.
Einzelne Erzeuger können weiterhin teilnehmen – etwa durch Wettbewerbe oder Gemeinschaftsstände.
Auch regionale Zusammenschlüsse springen ein:
- Die Region Okzitanien bietet Produzenten aus den betroffenen Départements eine Plattform.
- Der europäische Verbund GECT bringt die Pyrénées-Atlantiques mit spanischen Regionen wie Aragon und Navarra zusammen.
- Organisationen wie Excellence Gers helfen dabei, Spezialitäten wie Armagnac, Foie gras und Haselnüsse vorzustellen.
So finden Landwirte Wege, präsent zu bleiben – nur eben ohne die hohen Kosten eines eigenen Standes.
Ein Wendepunkt für die Messe?
Die diesjährige Absage vieler Départements könnte ein Signal sein. Wenn selbst traditionelle Landwirtschaftsregionen den Salon infrage stellen, muss sich etwas ändern. Wird die Messe wieder bezahlbarer? Werden die Regeln gelockert? Oder wird der Platz endgültig von Konzernen eingenommen?
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich der Salon de l’Agriculture noch als Bauernmesse versteht – oder mehr und mehr zum Event der Agrar- und Lebensmittelindustrie wird.
Von C. Hatty
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