Ein Beben der Stärke 7,7 hat Myanmar erschüttert – mit verheerenden Folgen. Über 1.600 Menschen starben, Tausende wurden verletzt. Und es werden täglich mehr Opfer unter den Trümmern geborgener Gebäude entdeckt.
Die Katastrophe traf das Land mitten am Tag. Besonders stark betroffen sind Mandalay und die Hauptstadt Naypyidaw. Ganze Stadtviertel liegen in Schutt und Asche. Brücken stürzten ein, Straßen wurden aufgerissen, ein Staudamm brach. Selbst das Kontrollzentrum des Flughafens Naypyidaw kippte wie ein Dominostein um – der Turm liegt in Trümmern.
Hilfskräfte kämpfen sich durch ein Trümmermeer. Doch die Rettungsarbeiten sind durch zerstörte Landebahnen, unterbrochene Strom- und Kommunikationsleitungen sowie instabile Gebäude massiv erschwert. Unterstützung aus dem Ausland ist unterwegs, aber vielerorts schlicht nicht einsatzfähig. In einem Land, das sich ohnehin im Ausnahmezustand befindet, sind schnelle Hilfseinsätze fast unmöglich.
Myanmar wird nicht nur von der Natur erschüttert – auch politisch herrscht Chaos. Seit dem Militärputsch 2021 tobt ein brutaler Bürgerkrieg. Große Teile des Landes sind von bewaffneten Gruppen kontrolliert, in vielen Regionen herrscht Gesetzlosigkeit. Ganze Dörfer wurden bereits durch Angriffe zerstört – das Erdbeben trifft nun eine Bevölkerung, die ohnehin kaum noch etwas besitzt.
Mitten in der Tragödie gehen die Kämpfe weiter. Nur wenige Minuten nach dem Beben gab es Luftangriffe in den Staaten Kayin und Shan. Viele fragen sich: Wie kann eine Regierung inmitten solcher Zerstörung weiterhin Bomben abwerfen?
In Naypyidaw blieben viele Stadtteile am Samstag ohne Strom, Internet und Telefon. Besonders hart traf es Wohnkomplexe für Staatsangestellte – doch diese Bereiche wurden von der Armee abgesperrt. Zugang verboten. Warum wohl?
Und auch in Thailand bebte die Erde. In Bangkok stürzte ein Hochhaus ein, das noch im Bau war. Neun Tote, viele Vermisste, darunter auch Arbeiter aus Myanmar. Angehörige stehen fassungslos und betend am Rand der Absperrungen, in der Hoffnung, ihre Liebsten lebend wiederzusehen. „Wo sollen sie sein? In welcher Ecke? Ich hoffe einfach, dass sie noch leben“, sagt eine Frau unter Tränen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt – aber die Zeit arbeitet gegen die Retter.
Insgesamt leben über eine Million Menschen in Myanmar in Gebäuden, die kaum Erdbeben standhalten. Das jetzige Beben dürfte für viele zur Todesfalle geworden sein. Ein Experte erklärt: Wenn schwere Erdstöße auf Regionen treffen, in denen Menschen in nicht gesicherten Ziegel- und Holzbauten wohnen, ist die Katastrophe vorprogrammiert.
Blutkonserven sind inzwischen Mangelware. Besonders in den am stärksten betroffenen Städten rufen Krankenhäuser verzweifelt nach Spendern. Noch dramatischer ist die Lage für die über drei Millionen Binnenflüchtlinge – sie lebten vorher schon in Notunterkünften oder in der Wildnis. Jetzt fehlt ihnen selbst das Notwendigste.
Und während viele Länder mit Hilfslieferungen und Teams helfen, bleibt der Zugang zu den Krisenregionen schwierig. Mehr als 20 Millionen Menschen benötigen laut humanitären Organisationen aktuell Hilfe. Doch wie soll man helfen, wenn ganze Gebiete unzugänglich sind – oder zu gefährlich?
Die Bilder der Zerstörung sprechen eine deutliche Sprache: eingestürzte Schulen, zerstörte Tempel, Krankenhäuser in Trümmern. Viele Menschen haben alles verloren. Und trotzdem zeigen sie Mut, helfen einander, teilen das wenige, das geblieben ist. Eine Bäuerin sagte, sie habe mit bloßen Händen nach Überlebenden gegraben – und tatsächlich jemanden gefunden.
Und dann ist da noch die Angst vor weiteren Nachbeben. Mehrere kleinere Erschütterungen gab es bereits – darunter eines mit der Stärke 6,4. Kein Wunder also, dass viele Menschen die Nacht draußen verbringen, aus Angst, ihre Häuser könnten endgültig zusammenbrechen.
Wie geht es weiter? Diese Frage stellt sich nun ein ganzes Land. Inmitten eines Kriegs, ohne stabile Regierung, mit zerstörter Infrastruktur und Millionen Bedürftigen – wie soll Myanmar aus dieser Katastrophe herausfinden?
Die kommenden Tage und Wochen werden entscheidend sein. Doch schon jetzt steht fest: Dieses Beben wird Myanmar für immer verändern.
Catherine H.
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