Die Erde bebte – und riss Tausende mit sich. Zwei Tage nach dem verheerenden Erdbeben, das Myanmar (ehemals Birma) und Teile Thailands erschütterte, steht das wahre Ausmaß der Katastrophe erst am Anfang. Über 1.700 Tote allein in Myanmar, 17 weitere in Thailand – dazu Hunderte Vermisste, Tausende Verletzte und eine Infrastruktur, die teils nahezu vollständig zerstört ist.
Mit bewegenden Worten und drastischen Zahlen wendet sich die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) nun an die Weltgemeinschaft. Am Sonntag, dem 30. März, hat die Organisation einen dringlichen Spendenaufruf gestartet: 100 Millionen Schweizer Franken – umgerechnet rund 105 Millionen Euro – sollen zusammenkommen, um rund 100.000 Menschen in den betroffenen Gebieten zu helfen.
Der Erdstoß, der alles veränderte
Das Epizentrum des Bebens lag in der Nähe von Mandalay, der zweitgrößten Stadt Myanmars. Am Freitagmorgen, mitten im Alltag, erschütterte ein Beben der Stärke 7,7 die Region. Gebäude stürzten ein wie Kartenhäuser, Brücken barsten, Straßen klafften auf – und zwischendrin: Menschen, die keine Chance hatten.
Besonders schwer getroffen: eine im Bau befindliche Hochhausanlage in Bangkok, die bei ihrem Einsturz mindestens 83 Menschen unter sich begrub. Noch immer werden sie vermisst. Insgesamt forderte das Erdbeben in der thailändischen Hauptstadt 17 Todesopfer, mehr als 30 Menschen wurden verletzt.
Und es hört nicht auf.
Am Sonntagmorgen bebte der Boden erneut. Mandalay wurde um 7:30 Uhr Ortszeit von einem ersten, später um 14:30 Uhr von einem zweiten Nachbeben erschüttert – diesmal mit einer Stärke von 5,1. Für viele bedeutet das: neue Angst, neue Schäden, neuer Schmerz.
Medizinische Not – überall
Die Bilder aus Myanmar gleichen einem Albtraum: Provisorische Krankenlager, verstaubte Operationszelte, Ärzte am Limit. Die UN warnt vor einer massiven Versorgungslücke. Es fehlt an Trauma-Kits, Blutkonserven, Anästhetika – ja, selbst an simplen Schmerzmitteln. Krankenhäuser sind überfüllt, viele beschädigt oder gar eingestürzt. Manche Mediziner operieren auf Feldbetten, ohne Strom, ohne Wasser.
Wie will man in einem solchen Umfeld retten?
Die Welt beginnt, sich zu bewegen. Indien hat ein erstes Flugzeug mit Notgütern nach Rangun geschickt. China entsandte 82 Rettungskräfte. Die WHO stellte knapp drei Tonnen medizinisches Material bereit. All das ist ein Anfang – aber angesichts des Leids nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Ein Aufruf – und eine Hoffnung
Inmitten all dessen wendet sich das Rote Kreuz an die internationale Gemeinschaft. Die angestrebten 105 Millionen Euro sollen nicht nur kurzfristig helfen – es geht um Wiederaufbau, um langfristige medizinische Versorgung, um Obdach für Familien, die plötzlich vor dem Nichts stehen.
Die Organisation spricht von 20.000 Haushalten, die direkt unterstützt werden müssen. Das Ziel: sauberes Wasser, Zelte, Medikamente, psychologische Betreuung. Das, was Menschen in so einer Stunde dringend brauchen.
Doch wird die Hilfe rechtzeitig kommen?
Die bürokratischen Hürden sind hoch, die Wege in die abgelegenen Regionen Myanmars gefährlich und durch zerstörte Straßen kaum passierbar. Kommunikationsnetze liegen lahm. Und nicht zuletzt: Die politische Lage in Myanmar – mit der regierenden Militärjunta – erschwert den Zugang für internationale Helfer.
Die Zeit drängt
Was jetzt zählt, ist Schnelligkeit. Und Solidarität. Wenn Hunderttausende auf Hilfe warten, kann jede Verzögerung tödlich sein. Die dramatischen Aufnahmen, die über soziale Medien um die Welt gehen, erzählen nicht nur von Zerstörung, sondern auch von unfassbarer menschlicher Not.
„Wir müssen handeln – jetzt“, mahnt ein Sprecher der IFRC. Und meint damit nicht nur Regierungen, sondern insbesondere auch die Zivilgesellschaft.
Denn oft beginnt Hilfe genau dort, wo Mitgefühl in Aktion übergeht.
Von C. Hatty
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