Tag & Nacht




Wenn der Himmel zur Bedrohung wird: Sintflutartige Regenfälle, reißende Flüsse und zerstörerische Schlammlawinen – der Süden Frankreichs kämpfte vor einigen Tagen wieder einmal mit den Naturgewalten. Besonders hart getroffen hat es den Var.

Ein Blitzentscheid nach dem Sturm

Am 19. und 20. Mai verwandelten heftige Unwetter die idyllischen Orte im Département Var in Katastrophenzonen. Ganze Straßenzüge standen unter Wasser, Autos wurden fortgerissen, Häuser beschädigt. Drei Menschen verloren ihr Leben – ein erschütternder Preis.

Doch es gab auch eine erfreulich schnelle Reaktion vonseiten des Staates: Bereits am 29. Mai – nur neun Tage nach den dramatischen Ereignissen – veröffentlichte die Regierung ein Dekret im „Journal officiel“, das 14 betroffene Gemeinden offiziell den Status „Naturkatastrophe“ zuerkannte.

Dieser Schritt hat handfeste Konsequenzen: Betroffene Anwohner und Unternehmen in Orten wie Le Lavandou, Cogolin oder Les Arcs haben nun 30 Tage Zeit, um ihre Schäden bei den Versicherungen geltend zu machen – mit Aussicht auf zügige Entschädigung.

Dramen auf offener Straße

Was sich in diesen Tagen im Var abspielte, ist schwer in Worte zu fassen. In Le Lavandou wurde ein Ehepaar im Auto von den Fluten überrascht und mitgerissen. In Vidauban ertrank eine Frau ebenfalls in ihrem Fahrzeug. Tragödien wie diese lassen einen fassungslos zurück – und werfen die Frage auf: Wie gut ist man auf solche Wetterextreme vorbereitet?

Wasser, Schlamm und ein zerstörter Sommertraum

Der materielle Schaden ist erheblich. Besonders schlimm traf es den Küstenort Le Lavandou. Dort wurde die Kläranlage im Viertel Cavalière nahezu vollständig zerstört. Zwar gelang es, sie teilweise wieder in Betrieb zu nehmen – aber die Sorge vor hygienischen Problemen bleibt, vor allem im Hinblick auf den anrollenden Sommertourismus.

Auch in anderen Orten laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Straßen müssen freigeräumt, Stromleitungen repariert und ganze Infrastrukturen neu aufgebaut werden. Für viele Menschen vor Ort ist die Unwetterkatastrophe nicht nur ein emotionaler Schock, sondern auch eine wirtschaftliche Belastungsprobe.

Staat reagiert – doch reicht das?

Innenminister Bruno Retailleau lobte die rasche Einstufung als Katastrophengebiet. Sie sei Ausdruck staatlicher Handlungsfähigkeit und Solidarität mit den Betroffenen. Doch Worte allein heilen keine Wunden. Die betroffenen Kommunen brauchen nicht nur schnelle Hilfe, sondern langfristige Unterstützung beim Wiederaufbau – und bei der Vorsorge.

Denn eines ist klar: Solche Ereignisse sind im Var keine Ausnahme. Zwischen 2010 und 2019 forderten vergleichbare Unwetter 54 Menschenleben. Das ist keine Laune der Natur – das ist ein Alarmzeichen.

Gefährliche Wiederholung: Der Var und sein Wasserproblem

Warum trifft es den Var immer wieder so heftig?

Ganz einfach: Die Kombination aus dichten Siedlungen, steilen Hängen und unzureichender Wasserregulierung macht die Region extrem anfällig für plötzliche Überschwemmungen. Schon ein paar Stunden Starkregen reichen, um ein ganzes Tal unter Wasser zu setzen.

Hinzu kommt der Klimawandel. Meteorologen beobachten seit Jahren, dass sich die Wetterlagen intensivieren. Mehr Regen in kürzerer Zeit – und das auf ausgetrocknetem Boden, der kaum etwas aufnimmt. Ein tödlicher Cocktail.

Schluss mit „weiter so“ – ein Umdenken ist überfällig

Was also tun? Natürlich ist es wichtig, nach einer Katastrophe schnell zu helfen. Aber reicht das?

Nicht wirklich. Die Region braucht neue Konzepte – für den Hochwasserschutz, für die Stadtplanung, für den Zivilschutz. Man könnte sagen: Der Var braucht nicht nur Sandsäcke, sondern einen Plan.

Wasser muss wieder Raum bekommen – sei es durch Renaturierung von Flussläufen oder durch den Verzicht auf Neubauten in hochwassergefährdeten Gebieten. Eine Anpassung der Infrastruktur an das Klima von morgen ist kein Luxus mehr – es ist eine Notwendigkeit.

Was bleibt?

Der Schmerz über den Verlust von Menschenleben. Die Angst vor dem nächsten Regen. Aber auch ein Funken Hoffnung – dass die Katastrophe zum Weckruf wird.

Denn wer einmal gesehen hat, wie aus einer Straße ein Fluss wird, vergisst das nicht.

Von C. Hatty

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