Tag & Nacht

Frankreich ist gespickt mit historischen Juwelen, doch eines ragt wortwörtlich aus der Masse heraus: der Tour de Crest. Mit 52 Metern Höhe ist er nicht nur der höchste erhaltene mittelalterliche Donjon (Wehrturm) Frankreichs, sondern auch ein beeindruckendes Zeugnis vergangener Jahrhunderte – voller Geschichten von Macht, Gefangenschaft und Widerstand.

Ein Stück Mittelalter in der Drôme

Crest, eine charmante Kleinstadt im Département Drôme, liegt am Fuße des Vercors-Massivs. Der Turm thront über der Stadt und ist aus der Ferne kaum zu übersehen. Einst Teil einer mächtigen Festung, dient er heute als eine Art Freilichtmuseum – ein Monument, das in den Himmel ragt und von einer bewegten Vergangenheit erzählt.

Die Anreise ist unkompliziert: Von Valence, der nächstgelegenen größeren Stadt, erreicht man Crest in etwa 30 Minuten mit dem Auto. Alternativ gibt es auch Zugverbindungen, die in Crest halten. Einmal dort angekommen, führt ein Spaziergang durch die malerische Altstadt mit ihren engen Gassen und historischen Fassaden direkt zum Fuß des Turms.

Ein Spaziergang durch die Jahrhunderte

Der Aufstieg beginnt! Schon der Weg zum Eingang macht klar: Hier steht kein gewöhnlicher Aussichtspunkt. Der Turm war einst das Herzstück einer mächtigen Burg, die jedoch im 17. Jahrhundert weitgehend abgetragen wurde. Übrig blieb der Donjon – und dieser wurde später als Gefängnis genutzt.

Erdgeschoss und erste Stockwerke:
Die unteren Etagen erzählen von der ursprünglichen Funktion des Turms als Teil einer Festung. Massive Mauern, schmale Schießscharten und dunkle Räume lassen erahnen, wie das Leben hier vor Jahrhunderten aussah.

Die Gefängniszellen:
Ab dem 15. Jahrhundert diente der Tour de Crest als Gefängnis. Hier saßen Protestanten während der Religionskriege ein, später wurden politische Gefangene interniert. Die Wände der Zellen sind übersät mit Inschriften – teils bittere Klagen, teils hoffnungsvolle Botschaften. Es ist ein seltsames Gefühl, mit den Händen über die in den Stein geritzten Worte zu fahren und sich vorzustellen, wer hier einst seine letzten Tage verbrachte.

Die Plattform:
Nach über 300 Stufen öffnet sich plötzlich der Himmel. Oben angekommen, wird man mit einem Panorama belohnt, das die Mühe des Aufstiegs sofort vergessen lässt. Der Blick reicht über die Dächer von Crest, die grünen Hügel der Drôme und bis zum fernen Vercors-Gebirge. Eine Frage drängt sich auf: Wie viele Gefangene haben wohl einst von hier oben sehnsüchtig in die Ferne geblickt?

Crest – Mehr als nur ein Turm

Wer nach dem Abstieg noch Zeit und Lust hat, kann in Crest selbst einiges entdecken.

Die Altstadt:
Durch enge Gassen schlendern, in kleinen Boutiquen stöbern und sich von den bunten Märkten treiben lassen – Crest hat den typisch südfranzösischen Charme, den man einfach erleben muss.

Die Drôme entlang paddeln:
Der Fluss Drôme schlängelt sich durch die Region und bietet beste Bedingungen für Kanutouren. Eine gemächliche Fahrt auf dem Wasser eröffnet eine ganz neue Perspektive auf Crest und seine Umgebung.

Lokale Märkte:
Freitags verwandelt sich das Stadtzentrum in ein lebendiges Treiben – dann findet der große Wochenmarkt statt. Hier gibt es regionale Spezialitäten, frisches Obst und Gemüse sowie handgefertigte Produkte.

Kulinarische Highlights der Region

Was wäre eine Reise nach Crest ohne eine kulinarische Entdeckungsreise?

Picodon:
Dieser kleine, würzige Ziegenkäse ist eine Spezialität der Drôme. Ob pur, mit Honig oder in einem Salat – ein Muss für Käseliebhaber.

Nougat de Montélimar:
Nur eine halbe Stunde von Crest entfernt wird die berühmteste Nougatsorte Frankreichs hergestellt. Die süße Versuchung gibt es in nahezu jedem Laden.

Clairette de Die:
Ein prickelnder Schaumwein, der in der Umgebung produziert wird – perfekt für einen lauen Sommerabend mit Blick auf den Tour de Crest.

Ein Erlebnis zwischen Geschichte und Natur

Der Tour de Crest ist nicht nur ein Denkmal aus Stein, sondern ein Ort, der Geschichte lebendig macht. Wer mittelalterliche Burgen liebt oder einfach ein außergewöhnliches Panorama genießen will, ist hier genau richtig.

Also, warum nicht mal einen Abstecher in die Drôme wagen? Crest wartet mit Geschichten, Genuss und einem Blick, der bis zum Horizont reicht.

Ein Reisebericht von V.O.Yager

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