Der Sommer hat im südfranzösischen Département Var nicht nur früher als sonst Einzug gehalten – er bleibt auch über Nacht. Die Rede ist von sogenannten „tropischen Nächten“, bei denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad Celsius fallen. Ein Phänomen, das längst kein Ausnahmezustand mehr ist, sondern sich immer häufiger bemerkbar macht. Doch was bedeutet das für Mensch, Umwelt und Alltag?
Hitze, die nicht schläft
Am 16. Juni 2025 schrieb die Gemeinde Le Luc Geschichte: Mit 23,6 Grad in der Nacht wurde ein neuer Rekord für die früheste tropische Nacht in der Region aufgestellt. Normalerweise treten solche Temperaturen frühestens im Hochsommer auf – dieses Jahr aber schon Mitte Juni. Und Le Luc war kein Einzelfall: Auch Toulon und Hyères meldeten schon Ende Mai Nächte mit über 21 Grad.
Es ist ein Vorbote dessen, was da noch kommt.
Wenn die Nacht zur Belastung wird
Wer nachts bei deutlich über 20 Grad im Schlafzimmer liegt, weiß: Schlaf ist ein kostbares Gut – und bei dieser Wärme schwer zu finden. Müdigkeit, Gereiztheit und Konzentrationsprobleme sind die Folge. Für ältere Menschen und Kinder kann die Hitze sogar gefährlich werden.
Vor allem in Städten ist die Lage angespannt. Betonwände, Asphaltstraßen und Dächer speichern tagsüber die Sonnenhitze und geben sie nachts langsam wieder ab. Das sorgt für sogenannte „städtische Wärmeinseln“, in denen es auch um Mitternacht noch unerträglich warm ist. Wer in einer schlecht isolierten Wohnung ohne Klimaanlage wohnt, hat oft kaum eine Chance auf Abkühlung.
Ein Phänomen mit Klimasignatur
Die zunehmende Häufigkeit tropischer Nächte ist ein deutliches Signal: Der Klimawandel klopft nicht mehr nur an die Tür – er steht längst mitten im Wohnzimmer. Laut Météo-France könnten in der Mittelmeerregion bis zum Jahr 2050 jährlich bis zu 50 solcher Nächte auftreten.
Das hat ernste gesundheitliche Konsequenzen. Der Körper braucht die kühleren Nachtstunden, um sich zu regenerieren. Bleibt diese Abkühlung aus, drohen Dehydrierung, Kreislaufprobleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders gefährlich ist das für Menschen mit chronischen Leiden.
Was hilft gegen die nächtliche Hitze?
Ganz hilflos ist man dem nächtlichen Hitzestress nicht ausgeliefert. Es gibt einfache Maßnahmen, die zumindest etwas Erleichterung verschaffen:
- Fenster tagsüber geschlossen halten und abdunkeln – am besten mit Thermovorhängen.
- Moderne Ventilatoren mit leisem Betrieb bieten kühle Luft, ohne den Stromverbrauch zu sehr in die Höhe zu treiben.
- Ausreichend trinken – klingt banal, aber wird oft vergessen.
- Leichte Mahlzeiten am Abend entlasten den Körper.
- Nachbarschaftshilfe und Infoangebote für gefährdete Gruppen können Leben retten.
Doch diese Maßnahmen sind eher Pflaster als Heilmittel.
Die tropischen Nächte zeigen vor allem: Es braucht ein Umdenken – in der Architektur, in der Stadtplanung und im persönlichen Verhalten. Städte müssen grüner werden. Pflanzen spenden Schatten, kühlen die Luft und verbessern das Mikroklima. Gebäude sollten besser isoliert werden. Und wer sagt eigentlich, dass ein T-Shirt im Büro nicht reicht, wenn draußen 35 Grad herrschen?
Der Klimawandel verändert unsere Lebensrealität – tagsüber wie nachts. Es wird Zeit, dass wir nicht nur reagieren, sondern aktiv gestalten. Damit der Sommer nicht zur Belastung, sondern wieder zur Freude wird – auch nach Sonnenuntergang.
Von Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!