Tag & Nacht




US-Präsident Donald Trump hat eine neue Eskalationsstufe in seiner wirtschaftspolitischen Konfrontation mit Lateinamerika und China angekündigt. In einem am Montag veröffentlichten Beitrag auf seiner Plattform Truth Social erklärte Trump, ab dem 2. April werde er einen pauschalen Strafzoll von 25 Prozent auf alle Importe aus Ländern erheben, die Öl oder Gas aus Venezuela beziehen. Zusätzlich solle Venezuela selbst mit sogenannten „sekundären Zöllen“ belegt werden – unter anderem wegen seiner angeblichen Verbindung zur kriminellen Organisation Tren de Aragua.

Die angekündigte Maßnahme markiert eine erneute Hinwendung zu Trumps protektionistischer Handelspolitik, die bereits während seiner ersten Amtszeit zwischen 2017 und 2021 das multilaterale Handelssystem unter Druck setzte. Besonders ins Visier geraten dabei Länder wie China, Mexiko und Kanada, aber auch europäische Handelspartner. Trumps jetzige Ankündigung deutet darauf hin, dass seine wirtschaftspolitische Agenda in seiner zweiten Amtszeit noch radikalere Züge annehmen könnte,, als bisher.

Eine gezielte Maßnahme mit globaler Wirkung

Der Hintergrund der neuen Zollpolitik ist komplex. Venezuela exportiert laut Angaben der US-Energieinformationsbehörde (EIA) den Großteil seines Rohöls – rund 68 Prozent im Jahr 2023 – nach China. Weitere Abnehmerländer sind Spanien, Russland, Singapur und Vietnam. Die USA selbst importierten im Januar 2025 noch rund 8,6 Millionen Barrel venezolanischen Öls.

Die geplanten Zölle würden jedoch nicht nur Venezuela direkt treffen, sondern vor allem Drittstaaten, die venezolanisches Öl importieren. Diese sollen künftig für ihre gesamten Exporte in die USA einen pauschalen Strafzoll entrichten – ein drastischer Eingriff in das internationale Handelssystem.

Besonders brisant ist dabei die implizite Drohung gegenüber China, dem mit Abstand größten Abnehmer venezolanischen Öls. Bereits seit 2023 sind chinesische Importe in die USA mit 20-prozentigen Strafzöllen belegt, die offiziell als Maßnahme gegen den Fentanyl-Schmuggel deklariert wurden. Die jetzige Ausweitung auf energiepolitische Fragen könnte einen neuen Höhepunkt im sino-amerikanischen Handelskonflikt markieren.

Symbolpolitik und wirtschaftliche Realität

Trump hat den 2. April medienwirksam als „Liberation Day“ angekündigt. An diesem Datum sollen nicht nur die Venezuela-Zölle in Kraft treten, sondern auch neue Importabgaben auf Automobile und Pharmazeutika. Letztere gelten als symbolträchtige Industriesektoren, mit deren Schutz Trump seine „America First“-Agenda untermauern will. Ziel sei laut Trump, Produktionsstandorte zurück in die USA zu verlagern und so Arbeitsplätze zu schaffen.

Doch die wirtschaftlichen Folgen solcher Maßnahmen sind umstritten. Während Trumps Anhängerschaft die protektionistische Linie als Stärkung der nationalen Souveränität begreift, warnen Ökonomen vor steigenden Produktionskosten, höheren Verbraucherpreisen und wachsender Unsicherheit für international agierende Unternehmen. Der Aktienmarkt reagierte am Montag zunächst positiv – offenbar in der Hoffnung, dass die Maßnahmen geringer ausfallen als befürchtet. Dennoch bleibt der S&P-500-Index seit Jahresbeginn im Minus, belastet durch die Angst vor einem neuen globalen Handelskrieg.

Die Rolle Venezuelas im geopolitischen Kalkül

Die Verbindung zwischen der Strafzollpolitik und der Sicherheitslage in Venezuela wird von Trump bewusst betont. Die kriminelle Bande „Tren de Aragua“, deren Ursprünge in venezolanischen Gefängnissen liegen und die mittlerweile in mehreren lateinamerikanischen Ländern operiert, dient ihm als Rechtfertigung für weitergehende Maßnahmen gegen das Maduro-Regime. Trump behauptet, die USA würden vermehrt Migranten ausweisen, die dieser Gruppe angehören – ein Narrativ, das sich nahtlos in seine migrationspolitischen Kampagnen einfügt.

Allerdings bleibt unklar, wie stark die faktische Verbindung zwischen venezolanischer Regierungspolitik und der transnationalen Bande tatsächlich ist. Menschenrechtsorganisationen und Beobachter vor Ort berichten zwar von staatlicher Nachlässigkeit gegenüber kriminellen Strukturen, doch fehlen bislang Beweise für eine gezielte Kooperation. Trumps Ankündigung dürfte daher eher dem Versuch geschuldet sein, wirtschaftliche Maßnahmen sicherheitspolitisch zu legitimieren – ein bekanntes Muster aus seiner ersten Amtszeit.

Internationale Reaktionen und politische Perspektiven

Die Reaktionen aus betroffenen Ländern fielen bislang zurückhaltend aus. In China hat das Außenministerium angekündigt, mögliche Gegenmaßnahmen zu prüfen, warnte jedoch vor einer „gefährlichen Politisierung des Handels“. Auch aus der Europäischen Union ist mit diplomatischem Widerstand zu rechnen, sollte sich die Drohung der US-Zölle auf Drittstaaten bewahrheiten.

Im US-Kongress stößt Trump mit seiner Ankündigung auf geteilte Reaktionen. Während republikanische Abgeordnete seiner Linie folgen und die Notwendigkeit zur „Verteidigung amerikanischer Interessen“ betonen, kritisieren Demokraten den Schritt als wirtschaftlich riskant und völkerrechtlich fragwürdig. Auch innerhalb der republikanischen Partei gibt es Stimmen, die vor einer Eskalation des Handelskonflikts mit China warnen, da dies die Exportchancen der US-Landwirtschaft empfindlich treffen könnte.

Trump selbst sieht in der Maßnahme ein Mittel zur Rückgewinnung politischer Kontrolle über Handelsflüsse, Migration und Industriepolitik. Die eigentliche Zielsetzung scheint weniger in einer kurzfristigen wirtschaftlichen Optimierung zu liegen, sondern in der Demonstration politischer Handlungsfähigkeit und nationaler Stärke.

In einem Jahr, das von Unsicherheit über internationale Allianzen, Migrationsbewegungen und geopolitische Umbrüche geprägt ist, könnte diese Strategie auf fruchtbaren Boden fallen – zumindest bei Teilen der US-amerikanischen Wählerschaft.

Autor: P. Tiko

Quellen:

  • Reuters, 24. März 2025
  • U.S. Energy Information Administration, Jahresbericht 2024
  • U.S. Census Bureau, Januar 2025
  • Truth Social Post von Donald Trump, 24. März 2025
  • Bloomberg, Handelsdaten und Marktanalysen 2025
Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!