Es brodelt in Kalifornien – nicht wegen eines Erdbebens, sondern wegen eines politischen Bebens, das die Grundfesten der amerikanischen Demokratie erschüttern könnte. Im Zentrum: US-Präsident Donald Trump und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Der Vorwurf: Trump wolle Newsom festnehmen lassen und weitere Truppen nach Los Angeles schicken. Doch was ist dran an diesen Berichten?
Gerüchte, Tweets und Drohungen
Was klingt wie ein politischer Thriller, ist derzeit noch Spekulation – zumindest auf offizieller Ebene. Trump hat sich in gewohnt scharfer Manier über Newsom geäußert, ihm Versagen vorgeworfen und betont, dass eine „Wiederherstellung der Ordnung“ notwendig sei. Doch von einer tatsächlichen Festnahme oder einem juristischen Verfahren gegen den Gouverneur fehlt bisher jede belastbare Spur.
Die Gerüchteküche brodelt dennoch gewaltig. Von weiteren 2.000 Soldaten ist die Rede, die angeblich in Bereitschaft stehen. Doch: Weder Pentagon noch Heimatschutzministerium haben solche Pläne bislang offiziell bestätigt. Selbst das Weiße Haus schweigt – ein Umstand, der Spekulationen erst recht Nahrung gibt.
Ein Gouverneur wehrt sich
Newsom zeigt sich indes kämpferisch. In einer Pressekonferenz erklärte er, dass jeglicher Einsatz der Nationalgarde oder der US-Marines ohne seine ausdrückliche Zustimmung verfassungswidrig sei. Er hat sogar eine Klage gegen die Bundesregierung eingereicht – ein ungewöhnlicher, aber folgerichtiger Schritt.
„Kalifornien lässt sich nicht einschüchtern“, so Newsom. Eine klare Kampfansage in Richtung Washington. Doch was passiert, wenn der Präsident auf Konfrontation schaltet und tatsächlich noch weitere Truppen entsendet?
Eine solche Eskalation – etwa die Festnahme eines amtierenden Gouverneurs – wäre ein Tabubruch historischen Ausmaßes. Die Gewaltenteilung in den USA würde auf eine harte Probe gestellt. Die Frage ist: Könnte Trump diesen Schritt wirklich wagen, oder handelt es sich lediglich um eine politische Drohkulisse?
Ein Blick in die Geschichte zeigt: So etwas hat es noch nie gegeben. Auch unter heftig umstrittenen Präsidenten blieb die Unabhängigkeit der Bundesstaaten unangetastet. Kalifornien ist dabei ein besonderer Fall – wirtschaftlich stark, politisch progressiv, oft im Widerspruch zu republikanischen Präsidenten. Doch selbst in Zeiten massiver Meinungsverschiedenheiten blieb die föderale Balance bislang gewahrt.
Jetzt könnte sich das ändern.
Der stille Widerstand
Auffällig: Selbst aus den Reihen der Republikaner kommt leiser Widerspruch. Mehrere konservative Senatoren und Ex-Regierungsbeamte haben anonym geäußert, dass eine militärische Eskalation in einem Bundesstaat „politisch selbstmörderisch“ wäre – und verfassungsrechtlich kaum haltbar.
Ein Ex-General sprach sogar von „einem gefährlichen Spiel mit dem Feuer“. Der Einsatz von Militär gegen die eigene Bevölkerung oder gegen demokratisch gewählte Vertreter könnte das ohnehin fragile Vertrauen in Institutionen endgültig erschüttern. Will man das wirklich riskieren?
Kalifornien als Prüfstein
Was sich in Los Angeles und Sacramento abspielt, ist längst mehr als ein regionaler Konflikt. Es ist ein Prüfstein für die amerikanische Demokratie. Wie weit darf ein Präsident gehen, wenn er glaubt, dass ein Bundesstaat außer Kontrolle gerät? Und was passiert, wenn sich ein Gouverneur weigert, zu gehorchen?
In den sozialen Netzwerken überschlagen sich derweil die Meinungen. Unterstützer Trumps sprechen von notwendiger Härte, Kritiker von einem verfassungswidrigen Putschversuch. Die Fronten sind verhärtet, die Rhetorik aufgeheizt.
Die meisten Kalifornier haben sich offenbar auf einen langen heissen Sommer eingestellt – einen Sommer, in dem das politische Feuer erbarmungslos brennt.
Die kommenden Tage dürften entscheidend sein. Ob es bei Drohungen bleibt oder die politische Eskalation eine neue Stufe erreicht, hängt auch davon ab, wie groß der Rückhalt für Trump tatsächlich ist – in seiner Partei, beim Militär, in der Bevölkerung.
Eines aber ist jetzt schon klar: Wenn ein Präsident versucht, einen Gouverneur aus dem Amt zu entfernen oder mit Truppen einzuschüchtern, steht mehr auf dem Spiel als nur die politische Karriere einzelner Männer. Dann steht das Fundament der amerikanischen Demokratie auf dem Prüfstand.
Von C. Hatty
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