Es sind Worte, die ins Mark treffen – und trotzdem irgendwie vertraut klingen: Donald Trump spricht von russischen Bombardements, die „wie von Verrückten“ durchgeführt werden. Eine martialische Wortwahl, die nicht nur seine Frustration zum Ausdruck bringt, sondern auch die groteske Realität eines Krieges, der längst jede diplomatische Vernunft hinter sich gelassen hat.
Trump, zurück im Oval Office seit Januar 2025, versucht sich nun an einer Rolle, die ihm viele nicht zugetraut hätten: Friedensstifter. Mit einem ambitionierten Versprechen aus dem Wahlkampf – den Ukrainekrieg in nur 24 Stunden zu beenden – trat er an. Doch jetzt, drei Monate später, ist von einem Durchbruch keine Spur. Stattdessen wächst der Druck. In Washington, in Kiew, in Europa – und in Trump selbst.
Sein Ton gegenüber Moskau hat sich merklich verschärft. Noch während er den israelischen Premierminister Netanjahu empfängt, spricht er von seiner Wut auf Wladimir Putin. Der russische Präsident hat inmitten stockender Verhandlungen die Idee einer „Übergangsregierung“ in Kiew in den Raum geworfen – ein diplomatischer Sprengsatz. Für Trump, der seine Deals am liebsten im Alleingang einfädelt, ist das nicht nur ein Affront, sondern eine ernsthafte Bedrohung seines politischen Images als Macher.
Doch der Krieg kennt keine Geduld. Während in Washington die Verhandlungen schleppend verlaufen, sterben in der Ukraine weiter Menschen. Allein in Krywyj Rih, dem Geburtsort von Präsident Selenskyj, riss ein einziger russischer Raketenangriff zwanzig Menschen in den Tod – darunter neun Kinder. Ein Schlag ins Herz der Nation. Und ein weiterer Beweis dafür, dass jede Verzögerung im politischen Betrieb an der Front blutige Konsequenzen hat.
Die Ukraine hatte im März unter amerikanischem Druck einer teilweisen Waffenruhe für 30 Tage zugestimmt. Ein verzweifelter Schritt, um zumindest etwas Ruhe in die Eskalationsspirale zu bringen. Russland hingegen winkte ab und schob fadenscheinige Gründe vor. Eine eingeschränkte Feuerpause in der Schwarzmeerregion und bei Angriffen auf Energieinfrastruktur wurde angeboten. Doch was auf dem Papier halbwegs vernünftig klang, blieb in der Realität nebulös – wie so oft, wenn Moskau die Bedingungen diktiert.
Und Trump? Der steht nun zwischen den Stühlen. Einerseits der starke Mann, der Deals macht. Andererseits der Präsident, dessen diplomatische Ambitionen gerade an der Realität eines kompromisslosen Krieges zerschellen. Seine Wut auf Putin wirkt nicht gespielt – aber auch nicht strategisch. Es ist die Wut eines Mannes, der merkt, dass dieser Konflikt größer ist als jede Pressekonferenz, jedes Twitter-Statement und jeder Slogan aus dem Wahlkampf.
Was bleibt also von Trumps großen Ankündigungen? Ein Scherbenhaufen? Noch ist es zu früh, das zu sagen. Aber eines ist sicher: Der Krieg in der Ukraine lässt sich nicht mit Worten beenden – und auch nicht mit einer präsidialen Bauchentscheidung. Er braucht Diplomatie mit Substanz, Geduld, glaubwürdigen Druck – und ein Minimum an Vertrauen zwischen den Akteuren.
Doch wer traut wem noch in diesem Spiel?
Die Lage bleibt explosiv. Und während sich die diplomatische Bühne im Kreis dreht, explodieren weiter Raketen auf ukrainischem Boden. Es ist ein Tanz auf dem Vulkan – mit offenem Ausgang.
Andreas M. Brucker
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