Mitten in einem der blutigsten Konflikte Europas seit Jahrzehnten kommt ein diplomatisches Ansinnen ans Licht, das Kopfschütteln auslöst: Die US-Regierung unter Donald Trump forderte die Ukraine Anfang 2025 dazu auf, Menschen aufzunehmen, die aus den Vereinigten Staaten abgeschoben werden sollten – obwohl diese Personen gar keine ukrainischen Staatsbürger sind.
Was auf den ersten Blick wie ein Missverständnis wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Teil einer systematischen Strategie.
Unpassend – oder gezielt kalkuliert?
Während die Ukraine unter russischem Dauerbeschuss steht, schlug das US-Außenministerium in Washington vor, dass Kiew aus den USA abgeschobene Migranten aufnehmen solle. Die ukrainische Seite reagierte kühl. Ein Diplomat erklärte, dass die Ukraine grundsätzlich ihre eigenen Bürger zurücknehme – aber angesichts des andauernden Krieges mit enormen inneren Belastungen kämpfe.
Warum gerade jetzt – warum ausgerechnet die Ukraine?
Die Antwort liegt in einem Prinzip, das Donald Trump schon in seiner ersten Amtszeit kultivierte: Abschiebungen um jeden Preis. Die USA sollen für „illegale Migranten“ nicht zur letzten Zuflucht werden – selbst wenn es dafür notwendig ist, Staaten zur Kooperation zu drängen, deren Kapazitäten längst erschöpft sind, oder die nicht als sicher gelten können.
Die Logik hinter der Härte
Trumps Einwanderungspolitik war nie zimperlich. Schon zuvor hatten mehrere Länder – darunter El Salvador, Mexiko und sogar Ruanda – ähnliche Anfragen erhalten. Teilweise verbunden mit wirtschaftlichen Anreizen, teils auch mit subtilen Drohungen.
Dass nun die Ukraine ins Visier geriet, obwohl sie mitten im Überlebenskampf steckt, zeigt eine bemerkenswerte Kaltschnäuzigkeit. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Washington gleichzeitig als wichtigster militärischer und finanzieller Unterstützer Kiews auftritt.
Das wirkt, als hätte man einem Verletzten im Krankenhaus nicht nur Blumen gebracht, sondern ihn auch um einen Gefallen gebeten – und das mitten in der Notaufnahme.
Humanität unter Druck
Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf einen größeren Trend: Nationale Interessen dominieren immer öfter über moralische Verpflichtungen. Internationale Partnerschaften werden instrumentalisiert – und die Schwächeren tragen die Last.
So sind etwa auch Menschen betroffen, die unter humanitären Programmen wie „Uniting for Ukraine“ vorübergehenden Schutz in den USA gefunden hatten. Nun droht ihnen die Rückführung – oder, noch absurder, die Abschiebung in ein Drittland, mit dem sie keinerlei Verbindung haben.
Wie sollen diese Menschen darauf reagieren, wenn selbst Kriegsgebiete als mögliche Ziele für ihre Abschiebung genannt werden?
Zwischen Bündnistreue und Zynismus
Die Ukraine war – und ist – auf westliche Hilfe angewiesen. Das wissen alle Beteiligten. Die Trump-Regierung hat offenbar versucht, dieses Abhängigkeitsverhältnis für eine politische Agenda auszunutzen, die innenpolitisch gut ankommt, außenpolitisch jedoch Sprengstoff birgt.
Denn so eine Bitte bleibt nicht ohne Nachwirkungen. Auch wenn Kiew nicht darauf einging, dürfte das Vertrauen in die Verlässlichkeit der USA als Partnerland noch tiefere Kratzer bekommen haben.
Ein Partner, der Hilfe sendet – und im gleichen Atemzug um Gefälligkeiten bittet, die ethisch kaum vertretbar sind? Da wird das diplomatische Gleichgewicht auf eine harte Probe gestellt.
Und jetzt?
Die Enthüllung kommt zu einem sensiblen Zeitpunkt: Für Trump ist das Thema Migration sehr wichtig und Bühne für emotionale Debatten. Die Vorstellung, dass sogar ein Kriegsgebiet als „Abladeplatz“ für unerwünschte Migranten in Betracht gezogen wurde, dürfte für zusätzliche Brisanz sorgen.
Menschenrechtsorganisationen schlagen bereits Alarm. Sie sprechen von einem eiskalten Kalkül – einem politischen Spiel auf Kosten der Schwächsten.
Doch was bedeutet das langfristig für das Ansehen der USA? Und welchen Preis zahlen Partnerländer, wenn Hilfe zur Verhandlungsmasse wird?
Nicht nur eine Schlagzeile
Dieser Vorfall ist mehr als nur ein diplomatischer Fehltritt. Er erzählt von einer Welt, in der Machtverhältnisse moralische Schranken verschieben. In der Krieg und Migration zu Spielfiguren politischer Strategien werden – und in der Vertrauen ein zerbrechliches Gut bleibt.
Wer sich fragt, ob so ein Vorgehen Zukunft hat, sollte sich auch fragen: Wie viele Partner wird eine Supermacht noch finden, wenn sie sich so benimmt?
Catherine H.
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