Mit einem am 24. April unterzeichneten Dekret hat US-Präsident Donald Trump die Tür für den industriellen Tiefseebergbau in internationalen Gewässern aufgestoßen. Der Schritt zielt darauf ab, die Vereinigten Staaten als führende Nation bei der Erschließung kritischer Mineralien zu positionieren und die Abhängigkeit von China zu verringern. Gleichzeitig untergräbt er jedoch bestehende internationale Abkommen und ruft weltweit Kritik hervor.
Ein Dekret mit weitreichenden Konsequenzen
Das Dekret verpflichtet US-Behörden, Genehmigungsverfahren für die Exploration und den Abbau von Mineralien auf dem Meeresboden zu beschleunigen – sowohl innerhalb der US-Hoheitsgewässer als auch darüber hinaus. Es fordert zudem die Erstellung eines Berichts zur Machbarkeit eines Mechanismus zur Gewinnbeteiligung aus den Tiefsee-Ressourcen. Damit ignoriert die US-Regierung die Autorität der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA), die bislang für die Regulierung solcher Aktivitäten in internationalen Gewässern zuständig ist.
Wirtschaftliche Interessen versus Umweltschutz
Die Trump-Administration argumentiert, dass der Zugang zu kritischen Mineralien wie Nickel, Kobalt und Seltenen Erden für die nationale Sicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit unerlässlich sei. Unternehmen wie das kanadische The Metals Company könnten von dem Dekret profitieren, da sie bereits Interesse an der Erschließung der Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik bekundet haben.
Gleichzeitig warnen Umweltschützer vor den potenziell verheerenden Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf empfindliche Ökosysteme. Die Tiefsee beherbergt einzigartige Lebensformen, deren Lebensräume durch den Abbau unwiederbringlich zerstört werden könnten. Zudem gibt es bislang keine belastbaren Studien zu den langfristigen ökologischen Folgen solcher Eingriffe.
Internationale Reaktionen und rechtliche Bedenken
Die internationale Gemeinschaft reagierte mit Besorgnis auf das US-Dekret. Viele Staaten sehen darin einen Verstoß gegen das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, das die Nutzung der Tiefsee als gemeinsames Erbe der Menschheit definiert. Die ISA, die unter diesem Abkommen operiert, hat bislang keine kommerziellen Abbauprojekte in internationalen Gewässern genehmigt.
China, das über mehrere Explorationslizenzen der ISA verfügt, kritisierte den US-Vorstoß als einseitig und völkerrechtswidrig. Auch Umweltorganisationen wie Greenpeace verurteilten das Dekret und forderten ein Moratorium für den Tiefseebergbau, bis umfassende Umweltstandards etabliert sind.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Trumps Dekret könnte einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, indem es andere Staaten ermutigt, ebenfalls unilateral in der Tiefsee aktiv zu werden. Dies würde die bestehenden internationalen Regelungen untergraben und zu einem Wettlauf um die Ausbeutung der Meeresressourcen führen. Die langfristigen Folgen für die Umwelt und die internationale Zusammenarbeit wären kaum absehbar.
In einer Zeit, in der globale Herausforderungen wie der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität gemeinsame Anstrengungen erfordern, sendet das US-Dekret ein bedenkliches Signal. Statt auf Kooperation und nachhaltige Nutzung der Ressourcen zu setzen, wird ein nationaler Alleingang bevorzugt, der kurzfristige wirtschaftliche Interessen über den Schutz unseres Planeten stellt.
Von Andreas Brucker
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