Tag & Nacht

Das Hauptziel des Treffens im Kreml besteht darin, die Spannungen abzubauen und die Krise um die Ukraine zu entschärfen. Aber der französische Präsident geht wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen auch Risiken ein.

Das Umfeld von Emmanuel Macron betont seit Tagen, dass das Ziel eine „Deeskalation“ sei. Nach bereits drei Telefonaten trifft sich Emmanuel Macron diesmal persönlich mit Wladimir Putin im Kreml. Am Montag beginnt ein intensives diplomatisches Ballett, um zu versuchen, die Krise um die Ukraine zu entschärfen. Der Westen beschuldigt Moskau, etwa einhunderttausend Soldaten an der ukrainischen Grenze für eine mögliche Invasion stationiert zu haben, was Russland bestreitet und behauptet, nur seine Sicherheit gewährleisten zu wollen.

Präsident Macron, dessen Land die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, wird am Montag, den 7. Februar, gegen 16 Uhr in Moskau erwartet und das Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin könnte den ganzen Abend dauern. Es soll mit einer gemeinsamen Pressekonferenz enden, wie der Élysée-Palast mitteilte. Sie treffen sich auf dem Höhepunkt einer Krise mit der Gefahr eines militärischen Konflikts an den Grenzen der Ukraine.

Was kann der französische Präsident erreichen?
Nach Angaben des Elysée-Palastes soll Wladimir Putin letzte Woche am Telefon zu Emmanuel Macron gesagt haben, dass er ihn sehen wolle, um mit ihm „den Dingen auf den Grund zu gehen“. Der Kern der Dinge besteht für den Kreml darin, die Architektur der Sicherheit und der militärischen Bündnisse in Europa auf den Prüfstand zu stellen. Emmanuel Macron sagte, er sei bereit, darüber zu diskutieren, aber Frankreich könne in diesem Bereich natürlich nichts alleine tun.

Das Ziel des französischen Präsidenten wird zunächst sein, ein Zeichen des „guten Willens“ zu erhalten, etwas, das es ermöglicht, von einer Deeskalation der Spannungen zu sprechen, obwohl 100.000 russische Soldaten an den Grenzen der Ukraine ihre Manöver fortsetzen. Für Wladimir Putin ist die derzeitige Konstellation bereits ein diplomatischer Erfolg: Er hat es geschafft, den Westen zu zwingen, seine Sicherheitsforderungen ernst zu nehmen. Die Frage ist, ob man beiderseitige Zugeständnisse erreichen kann.

„Unsere Rolle ist präventiv, wir müssen die Spannungen abbauen, um einen bewaffneten Konflikt zu vermeiden“, vertraute Emmanuel Macron der Zeitung Journal du Dimanche an. „In einem Vieraugengespräch kann man sich mehr Dinge sagen als bei einer Videokonferenz“.

Wie steht es um die Beziehung zwischen den beiden Männern?
Bis vor kurzem war die Beziehung zwischen den beiden Politikern nicht sehr eng. Sie haben sich seit dem Sommer 2019, als Emmanuel Macron Wladimir Putin ins Fort de Brégançon eingeladen hatte, nicht mehr gesehen. Offiziell wegen Covid-19. Aber möglicherweise auch, weil die Russen nicht interessiert waren. Die französische Seite wurde von einem Teil der europäischen Länder gebremst, die keinen bilateralen Dialog mit Russland wollten. Diese Krise hat de facto nun einen neuen Raum für Diskussionen eröffnet. Emmanuel Macron hat sich als Vermittler positioniert, indem er vor seiner heutigen Reise eine Vielzahl von Telefonaten führte.

Am Sonntagabend, dem 6. Februar, sprach er mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden, nachdem er am Nachmittag mit den drei Regierungschefs der baltischen Staaten telefoniert hatte, um sich zu „koordinieren“, wie es im Elysée-Palast hieß.

Diese Vermittlungsbemühungen sind für den Staatschef ein zweischneidiges Schwert. Wenn sich die Lage beruhigt, dann ist das gut für Macrons internationales Ansehen; wenn sich die Lage verschlechtert, wird er den Eindruck erweckt haben, gescheitert zu sein. Zwei Monate vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen ist dies eine gefährliche Situation für den amtierenden Präsidenten, meinen politische Beobachter.

„Ja es gibt ein gewisses Risiko, aber Emmanuel Macron ist immer gerne Risiken eingegangen“. (Ein enger Vertrauter von Emmanuel Macron gegenüber Franceinfo)

Nach Moskau wird der französische Präsident am Dienstag nach Kiew reisen, wo er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelensky zusammentreffen wird.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!