Tag & Nacht




Wenn über 10.000 Menschen aus über 150 Ländern zusammenkommen, ist klar: Es geht um mehr als nur schöne Worte. Vom 9. bis 13. Juni 2025 verwandelt sich Nizza in das globale Zentrum des Meeresschutzes. Die dritte UN-Ozeankonferenz (UNOC3) will die Weltmeere retten – und das mit Nachdruck. Frankreich und Costa Rica als Gastgeber haben klargemacht, dass bloße Absichtserklärungen diesmal nicht ausreichen. Der Appell lautet: „Beschleunigung des Handelns und Mobilisierung aller Akteure“.

Deutschlands Meeresschutz-Offensive: klare Kante, starke Worte

Mit Umweltminister Carsten Schneider und Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter ist Deutschland hochrangig vertreten. Und es bleibt nicht bei Auftritten – die Delegation bringt handfeste Pläne mit. Freiwillige Selbstverpflichtungen im Kampf gegen Plastikmüll gehören ebenso dazu wie ein klares Nein zum Tiefseebergbau. Besonders auffällig: die aktive Unterstützung des Hochseeschutzabkommens BBNJ, das endlich den rechtlichen Rahmen für bisher unregulierte Meeresgebiete schaffen soll.

Ein besonderes Highlight: das deutsche Forschungsschiff METEOR wird zum schwimmenden Konferenzzentrum. Wissenschaft zum Anfassen – eine starke symbolische Geste.

Macron mit Brandrede: „Wenn die Erde brennt, kocht der Ozean“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nutzte die Bühne für eine emotionale und zugleich klare Ansage. Mit seiner Eröffnungsrede brachte er die Dringlichkeit auf den Punkt: Ohne gesunde Meere gibt es keinen gesunden Planeten. Das BBNJ-Abkommen soll – wenn alles läuft wie geplant – Anfang 2026 in Kraft treten. Über 55 Länder haben es bereits ratifiziert, viele weitere stehen kurz davor.

Macron scheute nicht davor zurück, politisch brisante Themen anzusprechen. Besonders die Abwesenheit der USA kritisierte er scharf. Seine Worte zur Tiefsee – „nicht käuflich, genau wie Grönland oder die Antarktis“ – hallen nach. Ab 2026 startet Frankreich zudem die ozeanografische Großoffensive „Neptune“. Eine wissenschaftliche Mega-Mission mit großen Ambitionen.

Die großen Baustellen des Meeresschutzes

Plastikmüll: Der Kampf gegen Kunststoff in den Weltmeeren bleibt eines der zentralen Themen. Ein globales Abkommen ist in Sichtweite. Aber Papier allein fängt keinen Müll.

Fischerei: Subventionen und illegale Praktiken machen der nachhaltigen Nutzung der Meere schwer zu schaffen. Hier braucht es Mut zur Reform.

Tiefseebergbau: Die wirtschaftlichen Interessen an Rohstoffen aus der Tiefe wachsen – doch viele Delegierte fordern ein Moratorium. Die Tiefsee ist ein empfindliches Ökosystem, keine Goldmine.

Meeresschutzgebiete: Die 30-Prozent-Marke bis 2030 ist das erklärte Ziel. Doch bisher sind nur etwa 2,7 Prozent der Ozeane effektiv geschützt. Da ist noch Luft nach oben – gewaltig viel sogar.

Finanzierung & blaue Wirtschaft: Ozean-Anleihen, Schuldentausch-Programme für Naturschutz – innovative Ideen stehen im Raum. Was fehlt, ist der politische Wille, sie in großem Maßstab umzusetzen.

Wissenschaft und Politik – ein nicht immer leichtes Verhältnis

Während offizielle Delegationen auf Hochglanzpolitur setzen, wächst in der Wissenschaft die Skepsis. Einige Forscherinnen und Forscher sprechen von „Dekoration statt Transformation“. Sie vermissen klare Verpflichtungen – denn freiwillige Versprechen retten keine Korallenriffe.

Die Frage stellt sich: Wie viele Konferenzen braucht es noch, bis gehandelt wird?

Politik zwischen Hoffnung und Verantwortung

Mit dabei sind unter anderem Luiz Inácio Lula da Silva, Ursula von der Leyen und weitere Spitzenpolitiker. Sie alle eint ein Ziel – zumindest auf dem Papier. Doch Meeresschutz ist längst auch ein geopolitisches Thema. Es geht um Ernährungssicherheit, Klimaschutz und internationale Gerechtigkeit.

Costa Ricas Präsident Carlos Alvarado Chaves brachte es auf den Punkt: „Das Meer ist eine offene Wunde. Wir müssen sie heilen – mit Taten, nicht mit Phrasen.“

Zielgerade: Der „Nice Ocean Action Plan

Zehn thematische Panels, hunderte Stunden Diskussionen – am Ende soll der Nice Ocean Action Plan stehen. Freiwillige Selbstverpflichtungen, abgestimmte Ziele und neue Allianzen. Es ist ein ambitionierter Fahrplan – aber auch eine große Verantwortung.

Die Welt schaut nach Nizza. Was dort verhandelt wird, beeinflusst das Leben künftiger Generationen.

Kurs halten oder abtauchen?

Diese Konferenz hat das Potenzial, Geschichte zu schreiben – aber nur, wenn den Reden auch Handlungen folgen. Der Ozean ist nicht unendlich belastbar. Und irgendwann lässt sich auch das größte Meer nicht mehr retten.

Noch bleibt Zeit. Aber nicht mehr viel.

Von C. Hatty

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