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Mitten in der Sommersaison verschärft die US-Regierung erneut ihre Visapolitik. Ein im August veröffentlichtes Pilotprojekt sieht vor, dass Touristen aus bestimmten Ländern künftig eine Kaution von 15.000 US-Dollar hinterlegen müssen, um ein Visum für die Vereinigten Staaten zu erhalten. Offiziell soll die Maßnahme dazu dienen, sogenannte „Overstays“ – also das Überschreiten der genehmigten Aufenthaltsdauer – zu reduzieren. Doch die geopolitische Stoßrichtung ist deutlich: Betroffen sind vor allem Länder mit schwachen Institutionen und instabiler Migrationskontrolle – insbesondere in Afrika.

Die Kaution soll den Besuchern am Ende ihres Aufenthalts rückerstattet werden, vorausgesetzt sie verlassen das Land fristgerecht. Andernfalls verfällt der Betrag. Die Maßnahme betrifft sowohl touristische als auch geschäftliche Visa und ist vorerst auf ein Jahr begrenzt – mit Beginn am 19. August 2025.

Sicherheitspolitik trifft Migrationskontrolle

Offiziell ist die Liste der betroffenen Länder nicht veröffentlicht worden. Doch aus den Erläuterungen des US-Außenministeriums geht hervor, dass es sich um Staaten handelt, deren Bürger besonders häufig die erlaubte Aufenthaltsdauer überschreiten oder deren Behörden keine verlässlichen Informationen zur Visumskontrolle liefern können. In der Praxis bedeutet das vor allem eine Verschärfung für Staaten mit schwacher Verwaltung, instabilen politischen Verhältnissen oder ausgeprägten Auswanderungstendenzen – Merkmale, die viele Länder in Subsahara-Afrika kennzeichnen.

Bereits im Vorfeld hatte die Trump-Administration wiederholt Länder des afrikanischen Kontinents ins Visier genommen. Im August wurde bekannt, dass die USA die Visavergabe für Staatsangehörige Burundis vollständig aussetzen – wegen „wiederholter Verstöße“ gegen Visabestimmungen. Beobachter sehen darin weniger eine gezielte Einzelfallmaßnahme als vielmehr ein Signal in Richtung einer restriktiveren Migrationspolitik gegenüber dem Globalen Süden.

Besonders brisant ist der Zeitpunkt der Ankündigung: Die USA werden 2026 zusammen mit Kanada und Mexiko die FIFA-Weltmeisterschaft ausrichten, 2028 folgen die Olympischen Spiele in San Francisco. In sozialen Netzwerken mehren sich bereits Stimmen, die befürchten, dass Athletinnen und Athleten aus afrikanischen Ländern durch die neue Kautionsregelung benachteiligt oder gar ausgeschlossen werden könnten. Zwar handelt es sich bislang nur um ein Pilotprojekt, doch das Signal ist eindeutig: Die Visapolitik der Vereinigten Staaten folgt zunehmend sicherheitspolitischen Kriterien, die den Grundgedanken offener internationaler Begegnung unterlaufen könnten.

Dabei ist das neue System auch ein Ausdruck von Misstrauen – gegenüber den Herkunftsländern, ihren Behörden und letztlich auch gegenüber den Einzelpersonen, die einen legalen Aufenthalt beantragen. Dass die USA selbst über eines der weltweit komplexesten und rigidesten Einwanderungssysteme verfügen, bleibt dabei ebenso unerwähnt wie die Tatsache, dass viele „Overstays“ nicht auf Vorsatz, sondern auf Unkenntnis oder bürokratische Hürden zurückgehen.

Eine Zwei-Klassen-Visaordnung

Die Einführung der 15.000-Dollar-Kaution verschärft die bereits bestehende Spaltung zwischen visaprivilegierten und visapflichtigen Ländern. Während rund 40 meist europäische Staaten vom Visa Waiver Program profitieren und ihre Bürgerinnen und Bürger visafrei bis zu 90 Tage in die USA einreisen dürfen, ist kein einziges afrikanisches Land Teil dieser Liste. Auch aus dem Nahen Osten ist mit Katar nur ein Land vertreten – ein wohlhabender Verbündeter der USA mit hoher geopolitischer Bedeutung.

Diese Asymmetrie in der Visapolitik ist kein neues Phänomen, wird durch die neue Maßnahme aber weiter vertieft. Für viele Staatsangehörige armer Länder bedeutet ein US-Visum bereits heute ein monatelanges Verfahren mit hohen Kosten, eingeschränkten Erfolgschancen und erheblichem administrativem Aufwand. Die zusätzliche Kaution dürfte für viele Antragsteller schlicht unerschwinglich sein – besonders in Staaten mit einem Bruttonationaleinkommen pro Kopf von unter 1.500 US-Dollar jährlich. Der faktische Ausschluss weiter Bevölkerungskreise von legaler Mobilität wird damit zementiert.

Wahlkampftaktik oder langfristiger Kurs?

Ob die Maßnahme über das einjährige Pilotprojekt hinaus Bestand haben wird, ist noch offen. Doch sie fügt sich nahtlos in eine langjährige Strategie der Trump-Administration ein, Migration in all ihren Formen zu erschweren – selbst wenn es sich um legale, temporäre Einreisen handelt. Die politische Stoßrichtung ist dabei klar: Härte gegen Migration mobilisiert Wählerschichten, die sich von offenen Grenzen und globaler Vernetzung bedroht fühlen. Gerade im Vorfeld der US-Zwischenwahlen 2026 dürfte die Thematik weiter an Relevanz gewinnen.

Gleichzeitig birgt der Kurs Risiken – sowohl für das internationale Ansehen der USA als auch für die Realisierbarkeit internationaler Großereignisse auf amerikanischem Boden. Denn je stärker Einreisebeschränkungen auf sicherheitspolitische Raster reduziert werden, desto größer wird der Widerspruch zu jenen universellen Werten, die die Vereinigten Staaten lange zu verkörpern suchten: Offenheit, Chancengleichheit, Rechtsstaatlichkeit.

Autor: P. Tiko

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