Am 18. Juni 2025 hat das US-Außenministerium verfügt, dass Bewerber für F‑, M‑ und J‑Visa künftig ihre Social-Media-Profile offenlegen müssen. Betroffen sind internationale Studierende, Berufsschüler:innen und Teilnehmende an Austauschprogrammen. Wer seine X- oder Instagram-Konten nicht öffentlich macht, riskiert die Ablehnung des Visumantrags.
Die Maßnahme ist Teil einer umfassenderen Strategie der Trump-Administration, Einreiseregeln drastisch zu verschärfen.
Was bedeutet das konkret?
Die neuen Vorschriften verlangen von Visabewerber:innen, dass sie ihre Profile – Facebook, Instagram, Twitter, TikTok, LinkedIn und Co. – für die US-Konsularbeamten einsehbar machen.
Die Beamten prüfen die Online-Präsenz auf Hinweise zu feindseligen Äußerungen gegen die USA, Sympathien für Terrororganisationen oder antisemitisches Verhalten.
Wer sich weigert, seine Accounts offenzulegen, gilt als potenziell verdächtig.
Manche Bewerber:innen berichten, dass bereits Kommentare zu politischen Themen – etwa zur Nahostpolitik oder zur US-Außenpolitik – zu Problemen bei der Visumsvergabe geführt haben.
Kritik aus Zivilgesellschaft und Bildungssektor
Von Bürgerrechtsorganisationen bis hin zu Universitätsverbänden hagelt es Kritik.
Der Vorwurf: Die Maßnahme verletze die Meinungsfreiheit, wirke einschüchternd und delegitimiere politische Äußerungen, die nicht im Einklang mit der offiziellen US-Linie stehen.
Ein prominenter Kritiker sprach davon, dass Konsularbeamte nun zu Zensoren geworden seien – und somit nicht nur Einreisepolitik betreiben, sondern auch Deutungshoheit über legitimen Protest ausüben.
Insbesondere internationale Studierende, die sich öffentlich solidarisch mit Palästinenser:innen erklären oder US-Militärinterventionen kritisieren, sehen sich einem erheblichen Risiko ausgesetzt.
Was bedeutet das für die Betroffenen?
Für angehende Studierende aus Ländern wie China, Indien oder dem Iran könnte die neue Regelung eine weitere Hürde auf dem ohnehin beschwerlichen Weg zum US-Studienplatz darstellen.
Bereits jetzt berichten viele von monatelangen Wartezeiten, Nachforderungen und ausbleibenden Rückmeldungen seitens der Konsulate.
Manche ziehen sogar rechtliche Schritte in Betracht – vor allem, wenn die Ablehnung ohne klare Begründung erfolgt.
Für alle anderen gilt: Die eigene Online-Präsenz wird plötzlich zum sicherheitsrelevanten Prüfstein. Ironisch, dass ein witziger Memepost oder ein flapsiger Kommentar zur Außenpolitik plötzlich über eine akademische Zukunft entscheiden kann.
Gefährdung der Attraktivität des US-Standorts
Amerikanische Universitäten genießen weltweit einen exzellenten Ruf – doch dieser könnte nun Schaden nehmen.
Weniger internationale Bewerbungen, sinkende Diversität auf dem Campus, weniger Perspektiven für globale Vernetzung: Das sind reale Konsequenzen, mit denen Bildungseinrichtungen rechnen müssen.
Vor allem kleinere Hochschulen abseits der Metropolen könnten wirtschaftlich unter Druck geraten, wenn ganze Jahrgänge ausbleiben.
Zudem wird die USA damit im Wettbewerb um internationale Talente gegenüber Ländern wie Kanada, Australien oder Deutschland deutlich unattraktiver.
Sicherheit vs. Freiheit – ein altbekannter Konflikt
Aus Sicht der US-Regierung dient die Regelung dem Schutz nationaler Interessen. Die digitale Spur von Bewerber:innen soll dabei helfen, radikale Tendenzen frühzeitig zu erkennen.
Doch Kritiker:innen werfen der Regierung vor, unter dem Deckmantel der Sicherheit gezielt gegen politisch unbequeme Meinungen vorzugehen.
Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen auf US-Campussen rund um Themen wie Israel/Palästina oder Rassismus wächst die Sorge, dass Meinungsfreiheit geopfert wird – auf dem Altar der politischen Opportunität.
Ein Gefühl der Unsicherheit – und das auf beiden Seiten.
Studierende fragen sich: „Kann ich noch sagen, was ich denke?“
Und Konsularbeamte: „Wo ziehe ich die Grenze zwischen legitimer Meinung und radikaler Gesinnung?“
Was bleibt, ist ein System, das potenzielle Denker:innen und Talente aus aller Welt dazu zwingt, sich selbst zu zensieren – oder ganz woanders zu studieren.
Ob das wirklich der klügste Weg ist?
Autor: Daniel Ivers
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