Ein Albtraum aus Wasser und Blitz
Am Dienstag, dem 20. Mai 2025, wurde das Département Var von einem Unwetter heimgesucht, das in seiner Heftigkeit erschütterte. Innerhalb kürzester Zeit fielen bis zu 230 Liter Regen – das entspricht etwa drei Monaten Niederschlag – und verwandelten Straßen in reißende Ströme. Menschen flohen in Panik aus ihren Häusern, Autos wurden weggeschwemmt, Bäche mutierten zu reißenden Flüssen.
Tragödie in Lavandou und Vidauban
Besonders tragisch: Zwei Senioren im Alter von 84 und 85 Jahren wurden in Lavandou von den Fluten überrascht. Sie hatten keine Chance. In Vidauban ereilte eine weitere Person dasselbe Schicksal. Noch immer fehlen zwei Menschen – ihre Angehörigen warten bange. Warum trifft es immer wieder die Schwächsten zuerst?
Infrastruktur am Limit
Die Wassermassen rissen Brücken mit sich, unterspülten Straßen und schnitten ganze Orte von der Außenwelt ab. Der Strom fiel in über 600 Haushalten aus. Feuerwehrleute und Rettungskräfte arbeiteten rund um die Uhr – mit Schlauchbooten, Hubschraubern und dem Mut der Verzweiflung.
Staatliche Hilfe und Solidarität
François-Noël Buffet, beigeordneter Minister beim Minister für Inneres, reiste noch am selben Abend in die betroffene Region und versprach sofortige staatliche Unterstützung. Über 300 Feuerwehrleute und Dutzende Gendarmen waren im Einsatz. Präsident Macron erklärte, Frankreich stehe geschlossen hinter den Menschen im Var. Große Worte – doch wie sieht es morgen aus?
Ein bekanntes Muster: Die „épisode méditerranéen“
Solche extremen Wetterereignisse sind in der Mittelmeerregion nichts Neues. Die sogenannte „épisode méditerranéen“ bringt regelmäßig heftige Regenfälle mit sich. Doch die Intensität und Häufigkeit dieser Ereignisse nimmt zu – und das ist kein Zufall. Die Atmosphäre speichert durch die Erderwärmung mehr Feuchtigkeit. Diese entlädt sich in immer kürzeren Abständen mit immer größerer Wucht.
Erinnerung an 2010
Die Szenen erinnern stark an die Katastrophe von 2010. Damals kamen im Var 25 Menschen ums Leben. Man hatte versprochen, daraus zu lernen. Es gab Studien, Warnsysteme, Konzepte. Doch haben wir wirklich gelernt?
Zeit zum Umdenken
Wie oft müssen wir noch solche Katastrophen erleben, bevor wir unsere Denkweise ändern? Unsere Infrastruktur muss auf die Klimarealität vorbereitet sein. Hochwasserschutz darf kein nettes Extra mehr sein, sondern gehört ins Zentrum jeder Stadtplanung. Und: Die Menschen brauchen eine echte Risikokultur. Wegschauen hilft keinem, wenn das Wasser erst mal vor der Haustür steht.
Klima und Ungleichheit
Nicht jeder kann sich ein Haus auf sicherem Grund leisten. Die Armen wohnen oft dort, wo das Risiko am größten ist. Dort, wo der Boden billig war, aber der Regen gnadenlos ist. Klimaanpassung ist daher auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Hoffnung und Handlung
Aber: Es gibt auch Hoffnung. Technologische Fortschritte in Wettervorhersage, Frühwarnsystemen und Stadtplanung bieten enorme Chancen. Wenn Wissenschaftler, Politiker und Bürger gemeinsam anpacken, kann eine widerstandsfähigere Zukunft gelingen.
Was fehlt, ist der politische Wille – und ein gesunder Menschenverstand.
Und jetzt?
Was wir gestern als „Jahrhundertereignis“ bezeichneten, passiert heute alle paar Jahre. Wenn wir jetzt nicht handeln, schreiben wir den nächsten Nachruf vielleicht schon diesen Sommer. Also, worauf warten wir?
Von Andreas M. B.
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