Ein tragischer Vorfall erschütterte Anfang der Woche die südfranzösische Stadt Aix-en-Provence: Eine Frau stürzte aus dem siebten Stock eines Wohngebäudes – jetzt konzentriert sich die Staatsanwaltschaft auf eine Erklärung, die viele Fragen aufwirft.
Die etwa 40-jährige Frau war am Dienstag, dem 18. März, am frühen Nachmittag aus einem Hochhaus im Viertel La Parade gestürzt. Obwohl die Rettungskräfte schnell vor Ort waren, kam jede Hilfe zu spät. Ein Reanimationsversuch blieb erfolglos. Die Frau starb noch am Unglücksort.
Zunächst geriet ihr Lebensgefährte ins Visier der Ermittler. Er wurde noch am selben Abend verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen. Was zunächst wie ein Routinevorgang bei unklarer Todesursache wirkte, nahm kurz darauf eine überraschende Wendung.
Denn der Mann machte bei seiner ersten Befragung widersprüchliche Angaben zu seinem Aufenthaltsort. Das ließ die Polizei aufhorchen. Die Diskrepanz zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen war auffällig – und führte dazu, dass er beinahe einem Ermittlungsverfahren wegen Mordes entgegengesehen hätte.
Doch dann kam Bewegung in die Sache.
Der Mann machte neue Aussagen: Zum Zeitpunkt des Unglücks habe er auf einer Baustelle in Aix-en-Provence gearbeitet – allerdings ohne offiziellen Arbeitsvertrag. Aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen habe er zunächst ein falsches Alibi angegeben. Verständlich? Vielleicht. Klug? Eher nicht. Die Ermittler nahmen die neuen Angaben ernst und überprüften sie umgehend.
Und tatsächlich – seine Version ließ sich bestätigen. Nach dieser Wendung wurde er am Donnerstag aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Der Verdacht gegen ihn konnte ausgeräumt werden.
Laut Staatsanwalt Jean-Luc Blachon gibt es bislang keinerlei Hinweise auf Gewalteinwirkung und Einwirkung Dritter. Keine Spuren eines Kampfes, keine Zeichen von Zwang. Vielmehr deuten alle bisherigen Erkenntnisse auf einen freiwilligen Sprung in die Tiefe hin. Die These des Suizids sei nun die „vorrangig verfolgte“.
Was bringt einen Menschen dazu, solch einen letzten Schritt zu wählen?
Diese Frage lässt sich selten mit einem einzigen Satz beantworten. Doch sie hängt wie ein Schatten über diesem Fall. Freunde, Familie, Nachbarn – alle bleiben zurück mit Ratlosigkeit, Erinnerungen und dem Gefühl, dass sie vielleicht doch etwas hätten bemerken oder verhindern können.
Das Wohnviertel La Parade ist kein Ort, an dem man große Dramen vermutet. Es ist ruhig, von Wohnblocks geprägt, etwas abseits des Trubels der Innenstadt. Umso erschütternder wirkt dieses Ereignis auf die Anwohner – viele stehen unter Schock.
In Fällen wie diesen erinnern uns die nüchternen Zeilen einer Pressemitteilung daran, wie fragil das Leben manchmal ist. Der Rückzug ins Private, das Verschweigen von Sorgen, das Verstecken von Verzweiflung – all das geschieht oft im Verborgenen. Und dann, eines Tages, bleibt nur noch das Echo einer Geschichte zurück, die man gern früher gehört hätte.
Denn hinter jeder Akte steht ein Mensch – mit einem Leben, das vielschichtiger war, als jede Ermittlungsakte es je abbilden könnte.
Von C. Hatty
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