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Ein Vorfall von seltener Tragweite hat am Freitag, dem 21. März, das Herzstück des europäischen Flugverkehrs lahmgelegt: Der Flughafen London-Heathrow, Europas größter und wichtigster Luftfahrtknotenpunkt, musste vollständig geschlossen werden. Was steckt hinter dem plötzlichen Stromausfall, der weltweit Wellen schlägt?

Ein Brand, der alles lahmlegt

Der Ursprung der Misere liegt in einem massiven Feuer, das am späten Donnerstagabend in einer Umspannstation im Westen Londons ausgebrochen ist. Dort, in Hayes, wo sich auch ein wichtiger Stromknotenpunkt für Heathrow befindet, brannte ein Transformator – gefüllt mit 25.000 Litern Kühlöl. Die Feuerwehr war mit zehn Löschfahrzeugen und rund 70 Einsatzkräften vor Ort, ein Sicherheitsradius wurde eingerichtet, rund 150 Menschen mussten vorsorglich evakuiert werden.

Die Folge: Stromausfall in 100.000 Haushalten und – deutlich schwerwiegender – im gesamten Flughafengebiet. Zwar verfügt Heathrow über Notstromaggregate, doch auch diese wurden offenbar durch den Brand beeinträchtigt. „Ein derartiger Zwischenfall ist absolut außergewöhnlich“, erklärte Großbritanniens Energieminister Ed Miliband.

Sicherheitsbedenken und Ermittlungen

Die britische Antiterror-Einheit untersucht den Vorfall – nicht wegen konkreter Hinweise auf einen Anschlag, sondern wegen der Relevanz des betroffenen Standorts für die nationale Infrastruktur. Nach aktuellem Stand gibt es keine Hinweise auf Vorsatz. Doch die Frage drängt sich auf: Wie kann es sein, dass ein so zentraler Flughafen so abhängig von einer einzigen Stromquelle ist?

„Wenn wirklich keine vollwertige Ausweichversorgung existiert, ist das ein schweres Organisationsversagen“, kritisierte der Chef der internationalen Luftfahrtorganisation IATA, Willie Walsh. Auch Premierminister Keir Starmer ließ über seinen Sprecher verlauten, dass dringend untersucht werden müsse, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte – und wie sich ähnliche Ausfälle künftig verhindern lassen.

Weltweite Folgen – Chaos auf allen Ebenen

Heathrow ist nicht nur irgendein Flughafen. Mit täglich rund 230.000 Passagieren und Verbindungen in über 80 Länder zählt er zu den fünf verkehrsreichsten Airports weltweit. An diesem Freitag sollten 1.350 Flüge starten oder landen – die meiste davon fielen ins Wasser oder mussten umgeleitet werden.

British Airways, die größte in Heathrow stationierte Airline, sprach von einem „signifikanten Einfluss“ auf den Betrieb. Andere Flughäfen wie Gatwick sprangen ein und übernahmen Umleitungsflüge. Der Flughafen Paris-Charles de Gaulle nahm sieben Großraumflugzeuge auf, die eigentlich in London landen sollten – unter anderem aus Singapur, Shanghai und Tel Aviv. In Frankfurt landeten sechs zusätzliche Maschinen, in Spanien waren mehr als 50 Flüge betroffen.

Auch in Übersee war das Chaos zu spüren: United Airlines musste sieben Maschinen umleiten oder zurückfliegen lassen – ein teures und logistisch herausforderndes Unterfangen.

Hoffnung auf Normalbetrieb am Samstag

Freitagmittag meldete das Stromnetzunternehmen National Grid, man habe eine „provisorische Lösung“ installiert, um Teile des Flughafens wieder mit Energie zu versorgen. Heathrow kündigte daraufhin an, im Laufe des Tages erste Flüge wieder durchzuführen und rechnet mit einem vollständigen Neustart des Betriebs am Samstag.

„Wir bedauern zutiefst die Auswirkungen auf die Reisepläne so vieler Menschen“, sagte Flughafenchef Thomas Woldbye. Er sprach von einem „beispiellosen Ereignis“ und bat die Passagiere um Geduld – ab Samstag soll der Normalbetrieb wieder möglich sein.

Ein Weckruf für Europas Luftfahrt?

Ein einzelner Brand in einer Umspannstation bringt einen der bedeutendsten Flughäfen der Welt zum Erliegen – das klingt wie aus einem Drehbuch. Doch genau das ist passiert. Und es wirft unangenehme Fragen auf: Wie sicher ist unsere Infrastruktur? Wie verwundbar sind wir in Zeiten zunehmender Komplexität und internationaler Verflechtung?

Sicher ist: Die Luftfahrtbranche und die britische Regierung stehen nun unter Zugzwang. Eine umfassende Analyse und Verbesserung der Energieversorgung kritischer Infrastruktur dürfte unausweichlich sein.

Von C. Hatty

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