Es liest sich wie ein Krimi auf vier Rädern: BMW, Mercedes-Benz, Toyota und Volkswagen stehen wegen mutmaßlicher Täuschung und Gefährdung von Menschenleben wahrscheinlich bald vor Gericht. Der Vorwurf: Die Konzerne sollen wissentlich Fahrzeuge mit gefährlichen Takata-Airbags verkauft haben – und das über Jahre hinweg.
Was steckt dahinter?
Die Verbraucherschutzorganisation UFC-Que Choisir hat am 19. Mai offiziell Strafanzeige gegen die vier Automobilriesen eingereicht. Die Liste der Vorwürfe wiegt schwer: Irreführende Geschäftspraktiken, schwere Täuschung und vorsätzliche Gefährdung des Lebens anderer. In der Mitte dieses explosiven Skandals: die berüchtigten Airbags des japanischen Herstellers Takata.
Diese Airbags bergen laut UFC-Que Choisir seit über zehn Jahren ein enormes Risiko. Im Fall eines Unfalls können sie unkontrolliert explodieren und dabei Metallteile durch das Fahrzeug schleudern. Selbst bei vergleichsweise leichten Kollisionen könnten dadurch tödliche Verletzungen entstehen. Und dennoch, so die Kritik, hätten die betroffenen Hersteller nur zögerlich und unzureichend auf diese Bedrohung reagiert.
Ein Skandal mit Ansage
Die Geschichte dieser defekten Airbags ist alles andere als neu. Weltweit sorgten sie bereits für Millionen Rückrufe – und mehrere Todesfälle. Doch laut UFC-Que Choisir sollen die betroffenen Autobauer nicht nur zu spät gehandelt haben, sondern sogar weiterhin Fahrzeuge mit den gefährlichen Bauteilen produziert haben. Einige Modelle seien bis 2017, in Einzelfällen sogar noch bis Juni 2020 mit Takata-Airbags ausgestattet worden – obwohl die Risiken und laufenden Rückrufaktionen längst bekannt waren.
Man stelle sich das einmal vor: Während man sich anschnallt und sich in Sicherheit wiegt, tickt in der Mitte des Lenkrads möglicherweise eine Zeitbombe.
Worum geht es wirklich?
Hier geht es nicht um ein paar fehlerhafte Bauteile. Es geht um die Frage, ob weltweit agierende Konzerne bereit waren, aus Kostengründen oder Bequemlichkeit potenziell tödliche Risiken in Kauf zu nehmen – und ihre Kunden im Unklaren ließen. Die Anzeigen gegen Citroën und Stellantis im Januar dieses Jahres sowie ein tragischer Todesfall Ende März in Guadeloupe zeigen, dass die Gefahr alles andere als gebannt ist.
Ein echtes Armutszeugnis, wenn man bedenkt, dass es im Automobilbau um Vertrauen, Sicherheit und technische Präzision geht.
Die Rolle der Politik
Die Verbraucherschützer fordern nun eine umfassende Aufklärung. Eine parlamentarische Untersuchungskommission soll ins Leben gerufen werden, um das ganze Ausmaß des Skandals ans Licht zu bringen. „Es ist an der Zeit, dass jeder Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wird“, betont Marie-Amandine Stévenin, Präsidentin der UFC-Que Choisir.
Und das ist mehr als verständlich. Denn solange gefährliche Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind, ist niemand wirklich sicher.
Was bedeutet das für die Verbraucher?
Die betroffenen Autobesitzer sehen sich nun zwischen Unsicherheit und Ärger. Viele wissen womöglich gar nicht, dass ihr Fahrzeug gefährliche Airbags enthält. Die Rückrufe seien laut UFC-Que Choisir zu spät erfolgt – teils sogar ohne klare Information an die Halter. Eine inakzeptable Situation, wenn man bedenkt, dass es hier um Menschenleben geht.
Da stellt sich doch die Frage: Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Die Verantwortlichkeit der Hersteller
Während einige Hersteller das Problem inzwischen offensiver kommunizieren und Fahrzeuge zurückrufen, werfen die Vorwürfe der UFC-Que Choisir ein grelles Schlaglicht auf die internen Abläufe großer Autobauer. Wurde bewusst weggeschaut? Oder hat man gehofft, dass sich das Problem von selbst erledigt?
Klar ist: Vertrauen ist schnell verspielt – gerade wenn die Sicherheit auf dem Spiel steht. Und wer seine Kunden wissentlich gefährdet, muss sich nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch moralisch verantworten.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Klage gegen BMW, Mercedes, Toyota und Volkswagen könnte eine Lawine lostreten. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohen empfindliche Strafen, ein gewaltiger Imageschaden und mögliche Schadenersatzforderungen. Und auch politisch dürfte das Thema Wellen schlagen.
Denn eines ist sicher: Dieser Skandal ist noch lange nicht ausgestanden.
Von Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!