Es gibt Nachrichten, die überraschen nicht durch ihre Sensation, sondern durch ihre Konsequenz. Die Einbürgerung von George Clooney gehört eindeutig dazu. Wer in den vergangenen Jahren genauer hingeschaut hat, konnte beobachten, wie sich der amerikanische Schauspieler Schritt für Schritt aus dem globalen Rampenlicht zurückzog – nicht in die Anonymität, sondern in die südfranzösische Normalität. Nun ist es amtlich: Clooney, seine Frau Amal Clooney und ihre beiden Kinder besitzen die französische Staatsbürgerschaft. Der entsprechende Erlass erschien kurz vor dem Jahreswechsel im Journal officiel.
Die Geschichte beginnt nicht mit einem PR-Termin, sondern mit einem Immobilienkauf. 2021 erwirbt Clooney ein Anwesen nahe Brignoles, mitten im Département Var. Keine glamouröse Riviera-Adresse, kein Jetset-Hotspot, sondern Weinberge, Kreisverkehre und der Geruch von Pinien im Sommer. Genau das scheint den Reiz auszumachen. Laut Paris Match ist Clooney dort nicht nur Gast, sondern längst Teil des Alltags.
Laurence Pieau, Chefredakteurin des People-Ressorts des Magazins „Paris Match“, beschreibt ihn im Gespräch mit franceinfo als überraschend bodenständig. Clooney, der Mann mit den Oscars, steht im Drive-in von McDonald’s, grüßt Nachbarn, dreht Neujahrsvideos für den Bürgermeister und weiht das örtliche Kino ein. Man muss sich das kurz vorstellen: einer der bekanntesten Schauspieler der Welt, geschniegelt, charmant, aber eben nicht abgeschirmt, sondern mittendrin. Kein Bodyguard-Ring, kein Absperrband. Einfach George.
Dabei bleibt es nicht bei symbolischen Gesten. Als eine Nachbargemeinde von schweren Überschwemmungen getroffen wird, spendet Clooney 20.000 Euro – still, ohne Presse, fast schon altmodisch. Erst Jahre später kommt die Geschichte ans Licht. Solche Details erklären, warum man ihn im Var nicht als Star betrachtet, sondern als engagierten Mitbürger. Im Vergleich zu seinem Freund Brad Pitt, der wenige Kilometer entfernt lebt, aber kaum gesehen wird, wirkt Clooney fast schon demonstrativ präsent.
Diese Präsenz hat einen Grund. Clooney sucht, so formuliert es Pieau, Normalität. Ein Wort, das in Hollywood selten fällt und doch erstaunlich oft in Zusammenhang mit seiner Familie auftaucht. Die beiden Kinder besuchen zeitweise eine Schule in der Region. Kein Blitzlichtgewitter am Schultor, kein Gedränge. Für Clooney ein Luxus, für die Dorfbewohner offenbar bald Alltag. Klar, man schaut zweimal hin, aber dann geht man weiter. So läuft das hier.
Dass er sich immer stärker an Frankreich bindet, zeigt sich auch sprachlich. Clooney nimmt Französischunterricht, gibt offen zu, dass es holpert. Er lacht darüber. Dieses Lachen wirkt nicht gespielt, sondern erleichtert. Es ist das Lachen eines Mannes, der nichts mehr beweisen muss. Der Filmstar, der früher durch Paris streifte, lange bevor ihn jeder erkannte, scheint genau diese Zeit wiederzufinden. Versailles, Straßencafés, zielloses Umhergehen – all das gehört für ihn offenbar zum Lebensgefühl.
Auch wirtschaftlich hat Clooney Wurzeln geschlagen. Auf seinem Anwesen produziert er Wein, in kleinerem Maßstab, ohne großes Marketinggetöse. Die Ernte geht an die Genossenschaft von Brignoles. Kein Clooney-Label im Regal, kein Hochglanzauftritt. Ein bisschen so, als wolle er testen, wie weit sich Berühmtheit tatsächlich zurückfahren lässt, ohne sich selbst zu verlieren.
Die Entscheidung für Frankreich fällt zudem vor dem Hintergrund einer Erfahrung, die das Paar nachhaltig geprägt hat. Am Comer See in Italien, wo sie zuvor lebten, wurden sie Opfer aufdringlicher Paparazzi. Ein Moment, der laut Pieau den Ausschlag gab. So, sagten sie sich, könne es nicht weitergehen. Zu viel Nähe, zu wenig Schutz. Das Var bot das Gegenteil: Weite, Ruhe, ein Alltag, der nicht ständig kommentiert wird.
Wenn Clooney heute davon spricht, dass er seinen Kindern eine Kindheit ermöglichen möchte, wie er sie selbst in Kentucky hatte, klingt das zunächst paradox. Ein Hollywoodstar, der von ländlicher Einfachheit träumt. Und doch passt es erstaunlich gut zu seinem jetzigen Leben. Die Kinder, sagt er, hängen nicht permanent an ihren Tablets. Sie werden nicht fotografiert. Sie dürfen Kinder sein. Punkt.
Die französische Staatsbürgerschaft wirkt in diesem Kontext weniger wie ein Privileg, sondern wie ein logischer Abschluss. Ein formaler Akt, der bestätigt, was im Alltag längst Realität ist. Clooney als Amerikaner mit französischem Pass, als Weltbürger mit lokaler Verankerung. Klingt groß, fühlt sich offenbar klein an. Im besten Sinne.
Vielleicht liegt genau darin die eigentliche Pointe dieser Geschichte. Nicht im Prominentenstatus, nicht im Eintrag im Journal officiel, sondern in der stillen Transformation eines Stars zum Nachbarn. Einer, der im Var nicht auffällt, weil er sich bemüht, nicht aufzufallen. Und der damit ausgerechnet in Frankreich etwas findet, das ihm lange gefehlt hat: Ruhe. Und ja, ein bisschen Lebenskunst.
Von C. Hatty
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