Das Bordelais, weltberühmt für seine Weine, schreibt ein neues Kapitel. Statt Trauben prägen nun Olivenbäume die Landschaft – ein ungewöhnliches Bild in der Gironde. Doch diese Veränderung ist kein Zufall, sondern eine direkte Reaktion auf die Herausforderungen, mit denen Winzer in der Region konfrontiert sind.
Die Krise zwingt zum Umdenken
Die Weinbranche steckt in einer tiefen Krise. Einerseits macht der Klimawandel den Anbau von Trauben immer schwieriger. Andererseits sind die Lager voll, weil die Nachfrage nach Wein – besonders nach günstigen Bordeaux-Weinen – in den letzten Jahren gesunken ist. Viele Winzer sehen sich gezwungen, ihre Lebensgrundlage neu zu überdenken. So auch Fabien Bouges, der 2021 eine mutige Entscheidung traf: Er riss die Weinstöcke auf zwei Hektar Land aus und pflanzte stattdessen 500 Olivenbäume.
Eine Wette auf die Zukunft? Vielleicht. Doch die erste Ernte in diesem Jahr lässt hoffen. Bouges berichtet: „Es gibt noch viel zu lernen, aber die Bäume entwickeln sich gut, sie wachsen, es gibt keine Verluste – und wir haben tatsächlich Oliven geerntet. Das ist ein gutes Zeichen.“
Ein Stück Mittelmeer in der Gironde
Das Bordelais und Olivenbäume – auf den ersten Blick scheint das nicht zusammenzupassen. Der Boden und das Klima in der Gironde sind schließlich weit entfernt von den sonnigen und trockenen Bedingungen des Mittelmeerraums. Doch der Klimawandel verändert die Spielregeln. Mildere Winter und heißere Sommer schaffen neue Möglichkeiten, auch wenn die Region immer noch kühler und feuchter ist als die klassischen Olivenanbaugebiete.
Für Émile Bernard, einen Nachbarn von Bouges, ist der Anblick der Olivenbäume fast surreal. „Vor ein paar Jahren hätte niemand daran gedacht, hier Oliven zu pflanzen“, sagt er. Doch die Krise im Weinbau zwingt die Winzer zum Umdenken – und zum Experimentieren.
Die Zukunft liegt im Öl
Die Entscheidung für Oliven ist nicht nur eine Reaktion auf die Probleme im Weinbau, sondern auch ein Blick auf den Markt. Die Nachfrage nach Olivenöl wächst weltweit. Das Ziel im Südwesten Frankreichs ist ambitioniert: 100.000 Hektar Land sollen langfristig mit Olivenbäumen bepflanzt werden. Das wäre nicht nur ein Gewinn für die Landwirtschaft, sondern könnte der Region auch eine neue wirtschaftliche Perspektive geben.
Dabei geht es nicht nur um den Verkauf von Olivenöl. Für viele Winzer ist der Wechsel zu Oliven auch eine Möglichkeit, die Umweltbelastung zu reduzieren. Olivenbäume benötigen weniger Wasser und sind widerstandsfähiger gegen Hitze und Krankheiten – ein klarer Vorteil in Zeiten des Klimawandels.
Herausforderungen und Hoffnungen
Natürlich ist der Umstieg von Wein auf Oliven kein Selbstläufer. Die Winzer müssen neues Wissen aufbauen, geeignete Sorten finden und sich auf unvorhersehbare klimatische Bedingungen einstellen. Doch die ersten Erfolge im Bordelais zeigen, dass der Wechsel möglich ist. Und vielleicht ist gerade das die größte Lektion: Manchmal braucht es den Mut, alte Traditionen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.
Bleibt die Frage: Werden Oliven eines Tages das Bild des Bordelais genauso prägen wie die Reben? Möglich – und vielleicht sogar notwendig. Denn wie heißt es so schön: Wer sich nicht anpasst, bleibt auf der Strecke.
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