Tag & Nacht

Frankreich hat seit Januar 31 Tage lang keinen Regen gesehen, wie Météo-France am Dienstag mitteilte. Und mit der globalen Erwärmung werden Dürreperioden in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich häufiger auftreten und sich intensivieren. Und das stellt auch eine Bedrohung für die Energieerzeugung, insbesondere die Wasserkraft, dar.

„So etwas hat es in einem Winter noch nie gegeben“: So beschrieb Météo-France am Dienstag, dem 21. Februar, die Trockenheit, die seit einem Monat in Frankreich herrscht. „Die derzeitige Situation äußert sich in einer Austrocknung der Böden, die bereits durch die Dürre im Sommer 2022 geschwächt sind“, so das französische Wetterinstitut, das vorhersagt, dass „der Winter 2023 zu den zehn regenärmsten Wintern seit 1959 gehören wird“.

Diese Dürreepisoden – Auswirkungen der globalen Erwärmung – hatten auch Einfluss auf die Energieerzeugung in Frankreich im Jahr 2022, insbesondere auf die Stromerzeugung durch Wasserkraft. „Die Wasserkraftproduktion erreichte aufgrund der außergewöhnlich warmen und trockenen Wetterbedingungen ihren niedrigsten Stand (49,7 TWh) seit 1976“, stellte der französische Stromnetzbetreiber RTE in einer am 16. Februar veröffentlichten Bilanz fest.

„Die Wasserkraft ist eine Energieart, die sehr stark von der Schneedecke in den Bergen, der Eisschmelze oder auch dem Wasserstand der Flüsse abhängt“, erklärt Nicolas Goldberg, Senior Manager Energie bei der Beratungsfirma Colombus Consulting. „Wenn man also eine Dürreperiode oder keinen Schnee hat, erzeugen die Staudämme weniger Strom“.

In Frankreich hat die Wasserkraft eine lange Tradition. Sie wird seit dem Ende des 19. Jahrhunderts genutzt und ist damit die älteste Art der Energieerzeugung. Entsprechend zahlreich sind die Standorte für die Wasserkraftproduktion auf französischem Staatsgebiet, die oft schon seit vielen Jahrzehnten bestehen: Es gibt derzeit mindestens 427 Wasserkraftwerke und 600 Staudämme, die von der EDF betrieben werden.

Die wichtigsten Standorte der Wasserkraftproduktion in Frankreich. © EDF

Zu den regenabhängigsten – und damit von Dürreperioden direkt betroffenen – Anlagen gehören Laufwasseranlagen, die in der Regel in Flüssen und Schleusen installiert sind. Hinzu kommen Seekraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke – große Anlagen, für die oftmals große Dämme erforderlich sind -, die Wasser speichern, um es später schnell wieder abzugeben, wenn es zu Spitzen im Stromverbrauch kommt.

Der Vorteil der Wasserkraft ist, dass sie viel leichter steuerbar ist als andere Energien. Wasserkraftwerke können ideal als Energiespeicher genutzt werden.

Wasserkraft nimmt im französischen Energiemix einen wichtigen Platz ein. Im Jahr 2021 machte Wasserkraft 62,5 TWh oder 12 % der gesamten Stromerzeugung Frankreichs aus und lag damit weit vor Windkraft und Photovoltaik. Außerdem „emittiert sie keine Treibhausgase, ist schnell nutzbar und ist auch langfristig eine sehr wirtschaftliche erneuerbare Energie“, erklärt der Stromerzeuger EDF.

Das französische Stromsystem, so wie es in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut wurde, steht auf zwei Beinen: Kernkraft und Wasserkraft. Atomkraftwerke produzieren kontinuierlich und die Wasserkraft ermöglicht es, die Bedarfsspitzen zu überbrücken, indem man im richtigen Moment Wasserkraftwerke aktiviert. Das hat bisher gut funktioniert. Wasserkraftanlagen können je nach Bedarf im französischen Stromnetz schnell und häufig (manchmal mehrere tausend Mal pro Jahr) an- und abgeschaltet werden. So etwas ist bei den Kernkraftwerken komplizierter und dauert länger.

Derzeit wird die Energiepolitik Frankreichs durch mehrjährige Energieprogramme (Programmations pluriannuelles de l’énergie, PPE) geregelt. Das letzte wurde 2020 für den Zeitraum 2019-2028 verabschiedet und legt mehrere Ziele für den Wasserkraftsektor fest: Erhöhung der Produktion um rund 200 MW bis 2023 und von 900 auf 1200 MW bis 2028 sowie Optimierung der Produktion und Flexibilität des Wasserkraftparks – insbesondere durch die Installation von Wasserkraftwerken an bestehenden, noch nicht nachgerüsteten Staudämmen.

Es ist derzeit allerdings nicht bekannt, ob diese Ziele für die Wasserkraft eingehalten werden können, im Gegensatz zu Wind- und Solarenergie – bei denen Frankreich beim derzeitigen Tempo sein Ziel krachend verfehlen wird.

Auch in Zukunft wird die Wasserkraft für Frankreich eine Schlüsselenergie darstellen. Und obwohl die Wasserkraft durch Dürreperioden bedroht ist, dürfte sie nicht so schnell aus der französischen Energielandschaft verschwinden. Die Frage bleibt, wie man mit den Auswirkungen des Klimawandels umgehen kann und wie man die Investitionen in erneuerbare Energien sinnvoll streut.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!