Tempête Benjamin hat Frankreich durchgeschüttelt – und auf der Mittelmeerinsel Korsika eine tödliche Spur hinterlassen.
Ein deutscher Urlauber, 45 Jahre alt, wird am Donnerstag in der Flussmündung des Fango bei Galéria vom Wasser mitgerissen. Er war mit seiner Frau und zwei Kindern zum Baden dort. Der Familienausflug endet in einer Tragödie.
Die Behörden sind im Dauereinsatz. Und dennoch – oder gerade deshalb – klingt das Fazit am Freitagmorgen beinahe gelassen: „Die Lage ist unter Kontrolle.“ Das sagt Michel Prosic, Präfekt der Haute-Corse.
Korsika unter dem Sturm
Was klingt wie Durchatmen, ist in Wahrheit eine Bilanz voller Fragezeichen. Denn auch wenn am Morgen die Unwetterwarnung für Wind aufgehoben wird – die Gefahr ist nicht gebannt.
Sturmböen zwischen 90 und 140 km/h jagen weiter über die Insel. Flugzeuge bleiben am Boden, Fähren liegen still, Straßen sind zwar passierbar, aber der Verkehr wird von umgestürzten Bäumen und herabgefallenen Ästen behindert.
Die Natur hat sich mit voller Kraft gemeldet.
Fünf Brände in nur 24 Stunden, zwei davon in der Nacht – vermutlich ausgelöst durch beschädigte Stromleitungen. Zehn Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.
Einsatzkräfte rund um die Uhr
450 Männer und Frauen – Feuerwehr, Polizei, technische Dienste, zivile Helfer – haben die ganze Nacht gearbeitet. Straßen freigeräumt, Flüsse beobachtet, Notrufe koordiniert.
Die Präfektur lobt diesen Einsatz als „außergewöhnlich“, als „Beweis für die Widerstandskraft und Organisation der Region“. Und tatsächlich: Am Freitagmorgen sind alle Straßen wieder offen.
Aber offen heißt nicht sicher.
„Wer nicht muss, sollte zuhause bleiben“, mahnt Prosic. Spaziergänge im Wald oder am Strand? Keine gute Idee. Aktivitäten im Freien? Besser nicht. Die Gefahr, von herabstürzenden Ästen oder plötzlich steigenden Wassern überrascht zu werden, ist noch lange nicht gebannt.
Ein stiller Freitag
Die Straßen Korsikas wirken wie ausgebremst. Der Verkehr läuft, ja – aber zäh, vorsichtig, mit angezogener Handbremse.
Die Bewohner? Müde, aber diszipliniert. Die Touristen? Überwiegend verständnisvoll – auch wenn viele mit gestrichenen Flügen oder unterbrochenen Fährverbindungen zu kämpfen haben.
Inzwischen warnt ein SMS-Warndienst gezielt rund 2.000 Adressaten – darunter Bürgermeister, Campingplätze, öffentliche Einrichtungen. Sie sollen aufmerksam bleiben, nichts riskieren.
Benjamin zieht weiter
Tempête Benjamin war kein gewöhnliches Sturmtief. Es hat sich nicht leise verabschiedet, sondern mit voller Wucht Korsikas Berge, Täler und Küsten heimgesucht.
Es hat gezeigt, wie verletzlich selbst eine robuste Insel wie Korsika sein kann.
Und es hat daran erinnert, wie dünn die Grenze zwischen Alltag und Ausnahmezustand ist – ein Fluss, der über die Ufer tritt. Ein Baum, der fällt. Ein Windstoß, der alles ändert.
Wie verarbeitet man so ein Ereignis? Vielleicht, indem man innehält.
Die Familie des verstorbenen Urlaubers steht stellvertretend für das, was bleibt, wenn der Sturm vorüber ist: ein Moment der Stille und Trauer – und die Erkenntnis, dass Naturgewalten tiefen Respekt verlangen.
Von C. Hatty
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