Tag & Nacht




Heiße Sommertage kennt jeder – doch es gibt einen Unterschied zwischen „heiß“ und „lebensgefährlich heiß“. Besonders tückisch ist feuchte Hitze, bei der die Luft vor Wasserdampf nur so gesättigt ist und der Körper an seine Grenzen stößt. Eine neue Studie kanadischer Forscher zeigt eindrucksvoll: Der Mensch hat eine klare Grenze, wenn es um das Überleben bei schwüler Hitze geht. Und diese Grenze ist erschreckend schnell erreicht.

Doch was passiert genau, wenn die Hitze feucht wird – und warum wird das in Zukunft immer mehr Menschen betreffen?

Ein Experiment an der Grenze des Erträglichen

Zwölf Freiwillige – neun Männer und drei Frauen, allesamt jung, gesund und in guter Verfassung – stellten sich dieser Herausforderung in den Labors der Universität Ottawa. Die Forscher setzten sie Temperaturen von 42 Grad Celsius aus. Klingt erst mal nach einer Hitzewelle im Süden, oder? Doch das war erst der Anfang. Die Luftfeuchtigkeit lag zunächst bei 28 Prozent und wurde Schritt für Schritt erhöht.

Das Ziel? Herausfinden, wann die Teilnehmer nicht mehr weitermachen können.

Und genau das passierte: Als die Luftfeuchtigkeit etwa 50 Prozent erreichte, kapitulierten die meisten. Ihr Körper begann zu überhitzen, die innere Temperatur näherte sich bedenklich der 40-Grad-Marke – ein klarer Alarm. Wer hier nicht rechtzeitig reagiert, riskiert Organschäden oder sogar den Tod.

Warum ist feuchte Hitze so gefährlich?

Trockenheit kann der Mensch erstaunlich gut ertragen – selbst in glühend heißen Wüsten funktioniert das körpereigene Kühlsystem: Das Schwitzen. Dabei verdunstet Schweiß auf der Haut und entzieht dem Körper Wärme. Doch was passiert, wenn die Luft bereits mit Wasserdampf gesättigt ist?

Ganz einfach: Der Schweiß bleibt auf der Haut stehen. Keine Verdunstung, keine Kühlung. Die Hitze staut sich im Körper und es gibt kein Entkommen. Die natürliche Thermoregulation, auf die wir uns seit Urzeiten verlassen, versagt. Selbst im Ruhezustand – ohne körperliche Anstrengung – kann das tödlich enden. Besonders perfide: Während gesunde, junge Menschen noch eine gewisse Widerstandskraft haben, sind ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen besonders gefährdet. Schon die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, wie schnell Hitzewellen in Europa zahlreiche Todesopfer fordern können.

Könnten solche Bedingungen auch in unserem Leben auftreten?

Leider ja – und das ist die eigentliche Warnung dieser Studie. Der Klimawandel sorgt dafür, dass die Atmosphäre immer mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Dadurch steigt nicht nur die Temperatur, sondern auch die Feuchtigkeit in der Luft. Es entstehen sogenannte „feuchte Hitzewellen“, die in immer mehr Regionen der Erde Realität werden könnten.

Und das ist keine Science-Fiction. Modelle zeigen, dass solche extremen Bedingungen – mit Temperaturen über 42 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent oder mehr – in Zukunft häufiger auftreten könnten. Vor allem in Regionen wie dem Persischen Golf, dem Indus-Tal in Pakistan, Teilen Indiens, Südostasiens, aber auch möglicherweise im amerikanischen Mittleren Westen und an den Mittelmeerküsten.

Stell dir vor: An manchen Tagen wird es dort schlichtweg unmöglich sein, draußen zu leben – es sei denn, man hat Zugang zu einer klimatisierten Unterkunft. Ein Spaziergang? Ein paar Minuten Arbeit im Freien? Undenkbar. Der Körper würde überhitzen, lange bevor man wieder im Schatten wäre.

Die unterschätzte Bedrohung: Feuchte Hitzewellen

In der öffentlichen Diskussion dreht sich viel um den Anstieg der Meeresspiegel – zweifellos eine massive Bedrohung für Küstenregionen und Inseln. Doch die feuchten Hitzewellen könnten sich als ebenso existenziell herausstellen. Wer denkt bei 40 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit schon an den eigenen Tod? Doch genau diese Bedingungen können innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden.

Die große Frage ist: Sind wir darauf vorbereitet?

Klimaanlagen als letzte Rettung?

In Regionen mit heißen, feuchten Sommern sind Klimaanlagen oft kein Luxus, sondern überlebenswichtig. Doch das führt direkt zum nächsten Problem: Wer keine Klimaanlage hat oder sich den Betrieb nicht leisten kann, wird schutzlos ausgeliefert sein. Und das betrifft nicht nur ärmere Länder – auch in südlichen Teilen Europas könnte diese Herausforderung Realität werden.

Klimaanlagen helfen zwar kurzfristig, verstärken aber langfristig das Problem: Sie verbrauchen viel Energie, häufig aus fossilen Quellen, und tragen so weiter zum Klimawandel bei. Ein Teufelskreis?

Ein Ausblick mit Nachdruck

Es gibt Warnungen, die sollte man ernst nehmen. Diese Studie zeigt glasklar: Der menschliche Körper ist nicht unbegrenzt anpassungsfähig. Wenn wir die Erderwärmung nicht eindämmen, steuern wir auf eine Welt zu, in der ganze Regionen tageweise unbewohnbar werden.

Die Hitze wird nicht nur unangenehm – sie wird tödlich. Wer dann noch glaubt, der Sommer sei bloß ein bisschen zu heiß geworden, irrt gewaltig. Vielleicht ist es Zeit, genauer hinzusehen.

Von M.A.B.

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