Tag & Nacht

Nach einem Sommer, der von aufeinanderfolgenden Hitzewellen und einer historischen Dürre geprägt war, steht fest: Paris ist noch nicht bereit, sich den Folgen des Klimawandels zu stellen. Seit mehreren Jahren hat die Hauptstadt jedoch schon zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um sich an die neue Klima-Realität anzupassen. Vor allem aus den Reihen der Umweltschützer wird eine Intensivierung der Bemühungen gefordert.

Seit acht Jahren an der Spitze des Pariser Rathauses wiederholt Anne Hidalgo immer wieder diesen Satz: „Ökologie ist der Kampf des Jahrhunderts“ und die französische Hauptstadt „grüner“ zu machen, muss eine Priorität sein. Die Stadt hat allerdings nicht auf die sozialistische Bürgermeisterin gewartet hat, um auf die Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren – der erste Klimaplan wurde 2007 unter Bertrand Delanoë ins Leben gerufen. Der Sommer 2022 aber hat deutlich gezeigt, dass die französische Hauptstadt bei weitem noch nicht ausreichend vorbereitet ist. In den asphaltierten Straßen und in den Dachwohnungen erstickten die Pariser während der Hitzewellen im Sommer 2022, die 40 °C-Marke wurde wiederholt überschritt.

Um diese Mammutaufgabe zu bewältigen, setzt die Bürgermeisterin von Paris auf ihren Klimaplan, dessen Endziel es ist, die Hauptstadt bis 2050 kohlenstoffneutral zu machen. Um dies zu erreichen, sind nicht weniger als 500 Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Energie, Stadtplanung oder auch Ernährung geplant.

„Dieser Klimaplan macht Paris zu einer der weltweit aktivsten Städte in diesem Bereich, sowohl was die Frage der Reduzierung der Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die aktuellen und zukünftigen Folgen des Klimawandels betrifft“, begrüßt Vincent Viguié, Forscher für Wirtschaft und Umweltwissenschaften am Internationalen Zentrum für Umwelt- und Entwicklungsforschung (Cired).

Eines der Vorzeigeprojekte: Paris soll zu 100% fahrradfreundlich werden, „um aus der Abhängigkeit vom Privatauto herauszukommen“. Bis 2026 sollen 130 km neue Radwege geschaffen und die „Coronapisten“, die während der Lockdowns entstandenen Fahrradwege, dauerhaft erhalten bleiben. Hinzu kommen „autofreie Tage“ an bestimmten Sonn- und Feiertagen oder die Einrichtung von Umweltzonen, in denen nur die Fahrzeuge mit dem geringsten Schadstoffausstoß zirkulieren dürfen. Bis 2050 plant die Stadtverwaltung außerdem, alle Pariser mit erneuerbarer Energie versorgen zu können.

Die Pariser Stadtverwaltung wird vor allem aus dem Ausland häufig für ihren ehrgeizigen Plan gelobt, aber die Ergebnisse entsprechen nicht immer den Erwartungen. So ist beispielsweise laut einem im Mai erschienenen Bericht der regionalen Rechnungskammer der Region Île-de-France der Energieverbrauch in Paris in den letzten 15 Jahren nur um 5% gesunken und damit weit von den angestrebten 25% entfernt.

„Paris war anderen Städten voraus, als es seinen ersten Klimaplan im Jahr 2007 einführte, aber es fällt immer weiter zurück“, beklagt Alexandre Florentin, Abgeordneter der Fraktion Génération écologie im Pariser Stadtrat. „Die Dringlichkeit des Klimaschutzes ist in der Politik der Stadt nicht genügend verankert. Es ist gut, Fahrradwege zu bauen, aber wir müssen zum Beispiel auch an die Auswirkungen des Massentourismus denken“, betont er.

In den letzten Jahren war Anne Hidalgos Kampf für die Umwelt in Paris mehrfach Gegenstand von Spott, sowohl von der Opposition als auch aus den eigenen Reihen. Die letzte Polemik fand erst im Mai statt, als Hidalgo ankündigte, die Pariser Ringautobahn in einen Grüngürtel umwandeln zu wollen. Es sollten mindestens 70.000 Bäume gepflanzt und die Anzahl der Fahrspuren von vier auf drei reduziert werden. Eine riesige Baustelle für eine der meistbefahrenen Straßen Europas.

Das Projekt zog sofort den Zorn der Opposition auf sich, die der Meinung war, dass die Stadt „mit dem Auto unpassierbar“ geworden sei. Es zog aber auch den Zorn der Umweltschützer selbst auf sich. In einem in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Video versichert ein Aktivist, dass jahrhundertealte Bäume gefällt werden müssten, um Platz für diesen Grüngürtel zu schaffen. „Es macht keinen Sinn, Bäume zu fällen, um neue zu pflanzen“, beklagte der Umweltschützer Alexandre Florentin.

Paris muss bewohnbar bleiben
Neben dem Kampf gegen den Klimawandel hat der Sommer 2022, der von wiederholten Hitzewellen geprägt war, auch eine andere Komponente des Klimaplans in den Vordergrund gerückt, nämlich die Anpassung, um Paris auch bei hohen Temperaturen bewohnbar zu halten. Mit ihren asphaltierten Straßen und ihrer dichten Bebauung, die die Hitze speichert, verhält sich die Hauptstadt in der Tat wie ein riesiger Ofen.

Um die Temperaturen zu senken, setzt die Stadtverwaltung auf Bäume als natürliche Klimaanlagen. Die Stadt strebt zum Beispiel an, bis 2050 alle Schulhöfe zu begrünen, um sie in „grüne Oasen“ zu verwandeln. Weg vom Asphalt, hin zu Bäumen, Pflanzen, umweltfreundlichen Spielplätzen, Brunnen oder Gemüsegärten. Insgesamt sollen in der gesamten Hauptstadt bis 2026 170.000 Bäume gepflanzt werden.

Verbesserung der Wärmedämmung von Dachböden oder Dächern, Einbau von Doppelverglasung oder Jalousien… Die Anpassung an den Klimawandel erfordert auch eine Renovierung der Gebäude. „In zehn bis zwanzig Jahren werden einige Wohnungen zumindest für einen Teil des Jahres als unzumutbar eingestuft werden“, sagt Alexandre Florentin. Bei den Sozialwohnungen hat der Umbau bereits begonnen. Rund 55.000 Sozialwohnungen profitierten bereits von Investitionen für Arbeiten, die sie umweltfreundlicher machen sollen. Nach Angaben Stadverwaltung werden dadurch 54% Energie eingespart und die Treibhausgasemissionen um 56% gesenkt. Für den privaten Wohnungsbestand plant die Stadtverwaltung, ab 2030 jährlich 40.000 Wohnungen zu renovieren.

Angesichts all dieser Herausforderung hat Alexandre Florentin die Leitung einer Informations- und Evaluierungsmission mit dem Titel „Paris à 50°C“ übernommen, die im Oktober starten soll. Die Mission soll im März 2023 nach sechsmonatigen Diskussionen zwischen Politikern, Klimaexperten, Stadtplanern und Verbänden ihre Schlussfolgerungen vorlegen. Die Ergebnisse sollen dann in den nächsten Klimaplan einfließen.

„Viele Politiker verstehen einfach nicht, dass wir in den nächsten dreißig Jahren mit zahlreichen Hitzewellen konfrontiert sein werden. Viele Menschen waren überrascht von dem, was in diesem Sommer passiert ist, aber die Wissenschaftler haben uns doch gewarnt“, betont der Grünen-Politiker. „Es muss uns gelingen, vorausschauend zu handeln. Wie in anderen Städten auch, beginnt jetzt der Wettlauf gegen die Zeit.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!