Was sich am Abend des 1. Juni 2025 über dem Puy-de-Dôme abspielte, gleicht einer Naturkatastrophe. Innerhalb weniger Minuten verwandelte ein Superzellen-Gewitter den Himmel in ein Inferno – begleitet von gigantischen Hagelkörnern, die mit bis zu 12 Zentimetern Durchmesser vom Himmel prasselten. Ganze Ortschaften wurden wie von Presslufthämmern getroffen.
Die Spuren dieser Gewalttat der Natur sind verheerend: zerborstene Dächer, zerbeulte Autos, zerschmetterte Fenster, überschwemmte Häuser und zerstörte Ernten. Mehr als 1.500 Haushalte standen am nächsten Morgen ohne Strom da. Und das ist nur ein Teil des ganzen Elends.
Ein Monster-Gewitter wie aus dem Nichts
Die Meteorologen sprechen von einer Superzelle – der gefährlichsten Form eines Gewitters. Eine einzelne, riesige Zelle, die sich spiralförmig bewegt und dabei Unmengen an Energie entlädt. Innerhalb nur einer Stunde, zwischen 19:45 und 20:45 Uhr, tobte das Unwetter über den Südosten des Departements. Besonders heftig traf es die Gemeinden Tours-sur-Meymont und Olliergues.
Ein Einwohner von Tours-sur-Meymont beschrieb das Geschehen mit nur einem Wort: „Apokalypse“. Kein Wunder – stellen Sie sich vor, Hagelbrocken groß wie Orangen donnern auf Dächer, Scheiben, Autos und Felder. In dieser Gemeinde mussten die Rettungskräfte über 160 Mal ausrücken, um Dächer notdürftig zu sichern und Gebäude abzusperren.
Olliergues im Ausnahmezustand
Auch Olliergues blieb nicht verschont. Hier schlugen Hagelkörner von acht Zentimetern Durchmesser ein und richteten immense Schäden an. Gewächshäuser zerbarsten, ganze Ernten wurden zerstört. Die Feuerwehr rückte sage und schreibe 344 Mal in der Umgebung aus. Wie geht man damit um, wenn binnen Minuten die Arbeit ganzer Monate vernichtet wird?
Wenn der Himmel wie eine Bombe einschlägt
In Roche-en-Forez, im benachbarten Département Loire, kam es sogar zu einem lokalen Tornado. Ein Rentner traute seinen Augen nicht, als er feststellte, dass sein Hausdach spurlos verschwunden war. Seine Worte: „Wie eine Bombe.“ Eine erschreckende, aber treffende Beschreibung für das, was dort passiert ist.
Die Menschen in der Region sind erschüttert. Viele sprechen von Panikmomenten, von ohrenbetäubendem Lärm, von Angst um ihr Leben. Und mitten in all dem: Kinder, die weinen, Erwachsene, die nicht wissen, wo sie anfangen sollen mit dem Aufräumen.
Warum trifft es ausgerechnet den Puy-de-Dôme so häufig?
Die Region zählt zu den gewitterreichsten Frankreichs. Warum? Die Antwort liegt in der Geografie. Die Mischung aus Gebirgen, Vulkanen und Hochebenen zieht feuchte Luftmassen magisch an. Diese treffen auf kontinentale Wärme – eine explosive Mischung. Gerade in den Nachmittags- und Abendstunden entstehen hier regelmäßig heftige Gewitter. Doch selbst für diese Region war dieses Unwetter von ungewöhnlicher Wucht.
Behörden reagieren – doch reicht das?
Die kommunalen Behörden wollen nun den Status „Naturkatastrophe“ beantragen. Dieser Schritt ist notwendig, damit Betroffene schneller und einfacher finanzielle Entschädigungen erhalten. Zugleich arbeiten Feuerwehr, Polizei und der Stromversorger Enedis mit Hochdruck daran, die Infrastruktur wiederherzustellen. Notfallzentren sind eingerichtet, Dächer werden provisorisch abgedeckt, beschädigte Stromleitungen repariert.
Aber eine Frage steht im Raum: Reichen solche Reaktionen noch aus in Zeiten, in denen Extremwetterereignisse gefühlt jede Woche neue Rekorde brechen?
Zwischen Hilflosigkeit und Hoffnung
Die Menschen im Puy-de-Dôme brauchen jetzt vor allem eines: Unterstützung. Von Nachbarn, Behörden, Versicherungen – und von einer Politik, die begreift, dass Anpassung an den Klimawandel keine Option, sondern ein Muss ist.
Wäre es nicht längst an der Zeit, unsere Bauweisen, unsere Energieversorgung und unsere Warnsysteme auf die zunehmenden Extremwetterlagen auszurichten?
Es braucht keine Panik, aber es braucht Entschlossenheit. Und den Willen, aus solchen Ereignissen zu lernen. Denn das nächste Gewitter kommt bestimmt – vielleicht nicht morgen, aber sicher früher als uns lieb ist.
Von Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!