Tag & Nacht

Der 27. Januar 1945 markiert ein Ereignis, das die Geschichte der Menschheit für immer geprägt hat: die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Acht Jahrzehnte später bleibt dieses Datum ein Symbol für die unermessliche Tragödie des Holocaust – und für die Verpflichtung, das Erinnern lebendig zu halten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron nahm an den Gedenkveranstaltungen in Polen teil, nachdem er am Morgen den Pariser Shoah-Gedenkstätten besucht hatte. Eine Reise, die weit mehr als eine Geste war – sie war ein politisches und moralisches Statement.


Ein Ort, der das menschliche Gewissen prüft

„Auschwitz ist einer dieser Orte, die das menschliche Gewissen herausfordern“, so beschreibt es das Élysée. Mit diesen Worten wird die Bedeutung des Lagers als ein Ort des Gedenkens und der Mahnung zusammengefasst. Emmanuel Macron ist der sechste französische Präsident, der Auschwitz besucht – eine klare Botschaft gegen Extremismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus. „Diese Geißeln unserer Gesellschaft sind nicht vergangen, sie lauern weiterhin in den Köpfen mancher“, warnte sein Umfeld.

Ist das nicht erschreckend? 80 Jahre nach den unvorstellbaren Gräueltaten ist die Gefahr, dass Hass und Lügen erneut gedeihen könnten, keineswegs gebannt.


Die Zahl der Überlebenden schwindet

Von den 69.000 Franzosen, die nach Auschwitz deportiert wurden, kehrten weniger als 4.000 zurück. Einer dieser Überlebenden ist Esther Sénot, heute 97 Jahre alt. Sie traf Emmanuel Macron, ein Moment voller Symbolkraft – ein lebendiges Zeugnis, das uns daran erinnert, was geschehen ist, und was nie wieder geschehen darf.

Doch die Zeit drängt. Die Generation der Zeitzeugen wird bald nicht mehr da sein, um uns persönlich von den Schrecken zu berichten. Mit jedem Jahr wächst die Verantwortung der Nachgeborenen, ihre Geschichten weiterzutragen.


Die Bedeutung von Symbolen: Der Besuch in Paris

Vor seiner Reise nach Polen besuchte Macron den Mémorial de la Shoah in Paris, ein Ort, der wie kaum ein anderer die Tragödie der Judenverfolgung in Frankreich verdeutlicht. Besonders ergreifend: die Krypta, in der Asche der Opfer mit Erde aus Israel vereint ist, und der „Mur des Noms“, die Wand mit den Namen der Deportierten. Diese Wand war im Frühjahr Ziel von Vandalismus – ein schmerzlicher Hinweis darauf, dass Antisemitismus auch heute noch präsent ist.

Hier knüpfte Macron an, nicht nur durch Worte, sondern auch durch sein Handeln. Mit diesem Besuch unterstrich er, dass das Erinnern nicht nur der Vergangenheit dient, sondern auch der Gegenwart.


Ein neuer Zyklus der Gedenkfeiern

Die kommenden Jahre markieren mehrere 80. Jahrestage: die Befreiung weiterer Lager, das Ende der Besetzung zahlreicher Städte und schließlich das Ende des Zweiten Weltkriegs. Für Emmanuel Macron sind diese Gedenktage mehr als historische Anlässe – sie sind Gelegenheiten, das geschwächte Band zwischen der französischen Gesellschaft und ihrer Geschichte zu erneuern. Es ist auch eine Gelegenheit, ein „beschädigtes“ Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Volk zu reparieren.


Eine Mahnung für die Zukunft

Macrons Botschaft ist klar: Das Gedenken an Auschwitz darf nicht zu einer bloßen Pflichtübung werden. Es muss ein lebendiger Teil unserer Gesellschaft bleiben – eine Erinnerung, die warnt, aufrüttelt und verbindet.

Werden wir dieser Aufgabe gerecht? Oder laufen wir Gefahr, in der Routine des Alltags zu vergessen, was solche Orte lehren?

Das Vergessen ist der gefährlichste Feind des Erinnerns. Auschwitz ist nicht nur ein Ort – es ist eine Mahnung. Eine Mahnung an uns alle, gegen Hass und Gleichgültigkeit anzukämpfen. Und eine Mahnung, dass die Geschichte, wenn sie nicht erinnert wird, sich wiederholen könnte.


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