Es ist ein Tag, der Geschichte schreiben könnte – oder ein weiterer, der in den Schlagzeilen verraucht. Heute um 17 Uhr (Pariser Zeit) will die israelische Regierung in Jerusalem zusammenkommen, um über das zu beraten, was viele bereits den „entscheidenden Schritt zum Frieden“ nennen: die erste Phase des Gaza-Friedensplans von Donald Trump. Nach Monaten erbitterter Kämpfe, Zerstörung und Angst scheint Bewegung in den grausamen Stillstand zu kommen. Doch zwischen Hoffnung und Misstrauen liegt in Israel oft nur ein Wimpernschlag.
Ein Abkommen – und ein Wagnis
Am Mittwochabend dann die Nachricht, die viele kaum glauben wollten: Israel und die palästinensische Hamas haben sich auf die erste Phase des US-amerikanischen Plans geeinigt. Vermittelt in Ägypten, abgesegnet durch Washington.
Donald Trump selbst verkündete das Ergebnis auf seinem eigenen Netzwerk Truth Social: Er sei „stolz, mitteilen zu können, dass Israel und der Hamas beide die erste Phase des Gaza-Friedensplans akzeptiert haben“. In einem Interview mit Fox News legte er nach – die Geiseln, die seit Monaten im Gazastreifen festgehalten werden, „werden bis Montag zurückkehren“. Und dann ein Satz, der vielen den Atem stocken ließ: „Das schließt auch die Körper der Toten ein.“
Ein Versprechen, das Hoffnung weckt. Und zugleich schmerzt.
Interner Sturm in Jerusalem
Bevor das Abkommen in Kraft treten kann, muss das israelische Kabinett zustimmen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will den Friedensplan am Nachmittag vorstellen – mit dem erklärten Ziel, die Zustimmung seiner Minister zu gewinnen. Doch Widerstand formiert sich bereits.
Bezalel Smotrich, Finanzminister und ultranationalistischer Partner in der Regierungskoalition, kündigte an, er werde „auf keinen Fall“ zustimmen. In den Reihen der Regierungsmehrheit herrscht Nervosität: Die einen sprechen von einem „mutigen Schritt“, die anderen von einer „Kapitulation vor dem Terror“.
Netanjahus Büro hat klargestellt: Die 72-Stunden-Frist, die vor der Umsetzung läuft, beginnt erst nach offizieller Zustimmung des Kabinetts. Damit bleibt Zeit – für politische Manöver, für Verhandlungen, für das Zählen der Stimmen.
Macron: „Ein riesiges Hoffnungszeichen“
Auch aus Paris kamen Worte, die zwischen Erleichterung und Vorsicht schwankten. Präsident Emmanuel Macron begrüßte das Abkommen als „immenses Hoffnungszeichen“ und rief beide Seiten auf, die Vereinbarung „streng einzuhalten“. Frankreich wolle zur politischen Lösung beitragen – „auf Grundlage einer Zwei-Staaten-Ordnung“.
In Paris soll noch am Nachmittag mit internationalen Partnern über das „Danach“ beraten werden: Wie kann Gaza wiederaufgebaut, wie eine nachhaltige Friedensordnung geschaffen werden? Und vor allem: Wer kontrolliert das Gebiet, wenn Israels Armee sich tatsächlich zurückzieht?
Militärische Bewegung im Süden
Während die Diplomaten noch Formulierungen feilen, arbeitet die israelische Armee längst an konkreten Schritten. Sie kontrolliert derzeit rund 75 Prozent des Gazastreifens – ein Landstrich, in dem kaum ein Stein auf dem anderen geblieben ist.
Der Generalstab erklärte am Donnerstag: „Die Armee hat mit den operativen Vorbereitungen für die Umsetzung des Abkommens begonnen. Die Einsatzlinien werden rasch angepasst.“ Außerdem bereitet sich die Armee darauf vor, die Geiseln zu bergen – eine Operation, die nicht nur militärische Präzision, sondern auch menschliche Stärke erfordert.
An die Zivilbevölkerung ging eine klare Warnung: Niemand solle in den Norden der Enklave zurückkehren. Das Gebiet bleibt gefährlich, vermint, zerstört.
Trump hinter dem Friedensplan
Dass Donald Trump gerade jetzt mit dem Friedensplan ins Rampenlicht trat, überrascht kaum. Der US-Präsident präsentiert sich erneut als „Macher“, als Mann, der aus dem Chaos Ordnung schaffen will.
Sein Plan sieht einen schrittweisen Rückzug Israels aus Gaza vor, verbunden mit einem Austausch aller Geiseln und der Vorbereitung einer Übergangsverwaltung unter internationaler Aufsicht. Kritiker halten das für illusorisch – zu viel Misstrauen, zu viele Wunden, zu wenig Vertrauen. Doch Trump setzt auf Symbolik. Auf das Bild eines Mannes, der auf die Weltbühne zurückkehrte, um Frieden zu bringen.
Zwischen Hoffnung und Skepsis
In Israel selbst schwankt die Stimmung. Vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv haben sich Familien der Geiseln versammelt, viele mit Kerzen und Porträts ihrer Angehörigen. Einige sprechen leise von Erleichterung, andere blicken misstrauisch auf die politischen Spiele in Jerusalem.
„Wir glauben es erst, wenn sie wieder zu Hause sind“, sagt eine Mutter, die ihren Sohn seit Monaten vermisst. Ihr Satz steht sinnbildlich für ein Land, das gelernt hat, den Frieden erst dann zu feiern, wenn er tatsächlich da ist.
Und doch – in den Straßen, in den Stimmen, in den Kommentaren schwingt etwas mit, das man lange nicht mehr gehört hat: leise, vorsichtige Hoffnung. Vielleicht, nur vielleicht, ist dies der Moment, in dem aus den Trümmern eine neue Möglichkeit erwächst.
Von C. Hatty
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!