Am 12. November 2025 setzte Donald Trump seine Unterschrift unter das Gesetz, das den längsten Shutdown in der Geschichte der Vereinigten Staaten beendete. Über sechs Wochen lang stand ein großer Teil der Bundesverwaltung still – mit gravierenden Folgen für Millionen Menschen und tiefen politischen Spuren in Washington. Was als Konflikt über Haushaltsfragen begann, wurde rasch zu einem Machtspiel zwischen Präsidialamt und Opposition – und offenbart erneut die tiefgreifende Polarisierung des Landes.
Ohne große Geste, aber mit scharfen Worten gegen die Demokraten beendete Trump den Stillstand, der am 1. Oktober begonnen hatte. Zwar wurde der neue Übergangshaushalt im Kongress nur mit knapper Mehrheit angenommen – entscheidend war letztlich, dass einige moderate Demokraten einknickten und die republikanische Linie unterstützten. Der Preis: ein temporärer Kompromiss ohne klare Lösung für zentrale Streitpunkte wie die Finanzierung des Gesundheitssystems oder künftige Sozialausgaben.
Eine Regierung im Stand-by-Modus
Über 40 Tage war das Herzstück des föderalen Staates weitgehend gelähmt. Mehr als 800.000 Bundesbedienstete erhielten kein Gehalt, viele waren zwangsbeurlaubt oder arbeiteten ohne Bezahlung weiter. Flughäfen litten unter Personalmangel bei Sicherheitsdiensten und Fluglotsen. Nationale Parks wurden geschlossen, Anträge auf Visa, Sozialleistungen oder Steuerbescheide blieben unbearbeitet. Für Millionen von US-Bürgern bedeutete der Shutdown nicht nur einen symbolischen Machtkampf in Washington, sondern handfeste Einschnitte im Alltag.
Auch wirtschaftlich zeigte der Konflikt Wirkung: Prognosen zufolge kostete die Blockade das Land mehrere Milliarden Dollar. Konsumausgaben gingen zurück, staatliche Programme zur Armutsbekämpfung wurden ausgesetzt oder verzögert. Besonders betroffen war das Lebensmittelhilfeprogramm SNAP, von dem über 40 Millionen Amerikaner abhängen. Zwar wurden nun – als Konzession an die Opposition – dessen Mittel bis September gesichert. Doch bleibt unklar, ob die nächste Haushaltsdebatte Ende Januar nicht erneut zur Eskalation führt.
Der politische Hintergrund: Ein Präsident auf Konfrontationskurs
Donald Trump nutzte den Haushaltsstreit, um sich einmal mehr als kompromissloser Verteidiger „amerikanischer Interessen“ zu inszenieren. Seine Linie: keine Zugeständnisse gegenüber einer Opposition, die er als „extremistisch“ brandmarkt. Dabei war die Ursache des Stillstands keineswegs nur einseitig: Auch Demokraten hatten Forderungen gestellt, die im republikanisch dominierten Kongress keine Chance auf Mehrheit hatten – etwa die dauerhafte Sicherung der Subventionen im Rahmen des Affordable Care Act („Obamacare“).
Trump dagegen lehnt das System offen ab. Die staatlich gestützte Krankenversicherung sei ineffizient, teuer und bevormundend – stattdessen will er direkte Zuschüsse für individuelle Policen, ein marktliberales Modell mit mehr Wahlfreiheit, das vor allem besserverdienenden Amerikanern zugutekäme. In der republikanischen Basis kommt diese Rhetorik gut an, doch sie spaltet das Land weiter: Während in konservativen Staaten breite Unterstützung herrscht, warnen Demokraten vor einer sozialen Schieflage, die besonders Geringverdiener hart treffen könnte.
Eine fragile Einigung auf Zeit
Der nun beschlossene Übergangshaushalt finanziert die Regierung zunächst nur bis Ende Januar – mehr als eine Atempause ist es nicht. Die strukturellen Konflikte bleiben ungelöst: Die Demokraten fordern klare Zusagen zur Finanzierung von Gesundheits- und Sozialprogrammen, die Republikaner pochen auf Ausgabenkürzungen und Effizienzsteigerung. Auch innerhalb der Parteien wachsen Spannungen: Zwei republikanische Abgeordnete stimmten gegen den Deal, während sechs Demokraten ihre Fraktion verließen – ein Signal wachsender Unzufriedenheit mit den kompromisslosen Fronten.
Die Wiederanstellung der entlassenen Staatsbediensteten sowie die Fortsetzung von SNAP sind die wenigen substanziellen Zugeständnisse an die Opposition. Doch viele Demokraten kritisieren, dass zentrale Themen vertagt statt gelöst wurden. Insbesondere die Unklarheit über die Zukunft von „Obamacare“ sorgt für Unruhe in der Partei – nicht zuletzt, weil das Thema im beginnenden Wahlkampfjahr 2026 eine zentrale Rolle spielen dürfte.
Die Wiederaufnahme des Regierungsbetriebs kaschiert nicht, dass das politische System der USA tief gespalten ist. Ein Präsident, der Konfrontation zum Markenzeichen macht, eine Opposition, die zwischen Prinzipientreue und Pragmatismus schwankt, und ein institutionelles Gefüge, das wiederholt zur Geisel parteipolitischer Auseinandersetzungen wird – all das untergräbt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates.
Das Ende des Shutdowns bringt vorerst Erleichterung – doch keine Lösung. Schon in wenigen Wochen droht eine Neuauflage des Dramas. Und das Vertrauen der Bürger in Washington wird mit jedem dieser Rituale weiter erodiert.
Autor: Andreas M. Brucker
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