Tag & Nacht


Es ist vorbei mit dem genüsslichen Zug auf dem Sessellift, der entspannten Zigarette vor der Abfahrt oder dem schnellen Glimmstängel in der Warteschlange: Seit diesem Winter ist das Rauchen auf den französischen Skipisten offiziell verboten. Ein scheinbar kleines Dekret mit großer Wirkung – nicht nur für Wintersportler, sondern für das Bild der Berge als Ort von Reinheit und Ruhe.

Die Regel ist klar und landesweit gültig: Wer in Frankreich Ski fährt, darf auf dem gesamten Skigebiet, in den Liften und in den Warteschlangen keine Zigarette mehr anzünden – auch keine E-Zigarette, sofern die örtliche Auslegung dies einschließt. Wer sich nicht daran hält, riskiert ein Bußgeld von 135 Euro. Und im Wiederholungsfall kann es noch teurer werden.

Mancher mag denken: Ist das nicht übertrieben? Doch der Schritt fügt sich nahtlos in einen Trend ein, der seit Jahren an Fahrt gewinnt.

Frankreich verfolgt schon länger das Ziel, das Rauchen in öffentlichen Außenbereichen schrittweise zurückzudrängen. An den Stränden ist es bereits vielerorts verboten, in Parks ebenso. Nun also die Skipisten – Orte, die traditionell mit Freiheit, Weite und klarer Luft assoziiert werden. Für die französische Regierung und die Betreiber der Skigebiete ist es nur konsequent, diesen Schutzraum auszuweiten.

Das Argument? Gleich dreifach: Gesundheit, Umweltschutz, Image.

Zum einen soll der öffentliche Raum für alle erträglicher werden – auch für Kinder und Nichtraucher, die bislang unweigerlich mitrauchen mussten, wenn sie im Lift neben einem passionierten Raucher saßen. Die Gesundheitspolitik des Landes will Tabak und Passivrauchen zurückdrängen, und jede neue Nichtraucherzone ist ein Baustein in diesem Puzzle.

Zum anderen geht es um Sauberkeit – und hier werden die Zahlen plötzlich sehr konkret. Allein bei einer Aktion zur Müllvermeidung in französischen Skigebieten im vergangenen Jahr wurden über 57.000 (!) Zigarettenstummel eingesammelt. Viele davon lagen wochenlang unter dem Schnee, bis sie im Frühjahr auftauten – und mit ihnen das Problem. Denn jeder einzelne Stummel braucht Jahre, um sich zu zersetzen, und enthält Schadstoffe, die Boden und Wasser belasten.

Nicht zuletzt steckt hinter dem Verbot auch eine kluge Imagepolitik. Skigebiete leben vom Versprechen unberührter Natur, klarer Luft, eines Erlebnisses fernab von Lärm, Hektik und Verschmutzung. Da wirkt eine Zigarette nicht nur wie ein olfaktorischer Störfaktor – sie kratzt auch am Selbstbild der alpinen Idylle.

Viele Stationen haben deshalb nicht lange gefackelt: Die neuen Regeln werden mit Schildern, Aufklärungsaktionen und auch ein wenig Humor kommuniziert. Einer der geplanten Slogans bringt es auf den Punkt: „Die Aussicht raubt Ihnen doch schon den Atem – ganz ohne Zigarette.“ Treffender kann man es kaum sagen.

Gleichwohl gibt es erste kritische Stimmen – sowohl unter Urlaubern als auch unter Branchenkennern. Vor allem die Frage nach der praktischen Umsetzung sorgt für Stirnrunzeln: Wie will man kontrollieren, ob jemand auf dem Sessellift schnell zur Zigarette greift? Und wer soll auf den Pisten patrouillieren?

Tatsächlich hängt der Erfolg der Maßnahme stark von der Kommunikation und Akzeptanz ab. In Les Gets, einem Vorreiter unter den französischen Skigebieten, wurde das Rauchverbot bereits 2022 eingeführt – und dort zeigt sich: Es funktioniert, wenn die Gäste frühzeitig informiert und alternative Rauchzonen eingerichtet werden. Dazu gehören abgegrenzte Raucherbereiche mit sogenannten „ökologischen Aschenbechern“. Das mag zunächst etwas absurd klingen, ist aber Teil einer durchdachten Strategie: lenken statt verbieten.

Auch die Frage, ob E-Zigaretten unter das Verbot fallen, sorgt für Diskussionen. Der Gesetzestext lässt Interpretationsspielraum – und so könnte es sein, dass die Handhabung von Station zu Station variiert. Manche Urlauber werden also je nach Ort mehr oder weniger streng behandelt.

Und: Wo hört das Skigebiet eigentlich auf? Die neue Regel gilt auf den Pisten, Liften und in den Warteschlangen – nicht aber zwingend auf Restaurantterrassen oder in den Straßen der Skiorte. Das eröffnet Spielräume, aber auch Schlupflöcher. Wer wirklich rauchen will, wird Möglichkeiten finden. Doch das Grundgefühl verändert sich – und mit ihm die öffentliche Wahrnehmung.

Natürlich gibt es auch jene, die sich an dieser Entwicklung stören. Für viele Skifahrer gehört die Zigarette zur Pause auf der Hütte wie der Kakao für die Kinder. Sie empfinden das Verbot als Einschränkung ihrer Freiheit, als weiteres Beispiel für staatliche Überregulierung. Der Begriff „Bevormundung“ fällt in Kommentaren immer wieder.

Doch die Geschichte zeigt: Solche Eingriffe wirken, wenn man ihnen Zeit lässt. Was heute noch polarisiert, ist morgen oft schon selbstverständlich. Man denke nur an das Rauchverbot in Restaurants oder Zügen. Was einst Empörung auslöste, ist längst in den Alltag übergegangen – und von den meisten begrüßt.

Es ist also gut möglich, dass auch das Rauchen auf den Skipisten in wenigen Jahren nur noch eine nostalgische Erinnerung ist. Eine Erinnerung an eine Zeit, in der Freiheit auch hieß, anderen die Luft zu nehmen.

Frankreich hat mit seinem neuen Dekret ein deutliches Zeichen gesetzt – eines, das mehr bewirken könnte, als es auf den ersten Blick scheint. Denn es geht nicht nur um Rauch – es geht um Rücksicht, Respekt und das Bild der Berge, das wir uns bewahren möchten.

Autor: Andreas M. Brucker

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