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Das Europäische Parlament hat beschlossen, das Gesetz gegen die Abholzung der Wälder um ein Jahr zu verschieben und die ursprünglichen Vorgaben zu lockern. Diese Entscheidung stößt auf heftige Kritik, vor allem von der grünen EU-Abgeordneten Marie Toussaint. Sie bezeichnet den Schritt als „drastisches Drama für Umwelt, Klima und Wirtschaft“ und betont die schwerwiegenden Konsequenzen für die betroffenen Waldregionen und ihre Bewohner.

Der Hintergrund: Ein Gesetz mit großer Tragweite

Das geplante EU-Gesetz zielt darauf ab, die sogenannte importierte Abholzung zu reduzieren. Es betrifft Produkte wie Kaffee, Kakao und Soja, deren Produktion oft mit der Zerstörung von Regenwäldern einhergeht. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Waren, die auf den europäischen Markt gelangen, nicht zur Abholzung beitragen.

Doch durch den Aufschub und die Aufweichung der Regeln droht dieses Vorhaben ins Wanken zu geraten – ein schwerer Schlag für die Biodiversität, den Klimaschutz und auch für die EU-Landwirtschaft, die sich auf nachhaltige Produktion stützt.

Politische Interessen blockieren den Fortschritt

Marie Toussaint kritisiert scharf die Allianz von konservativen und rechtsextremen Fraktionen, die hinter der Entscheidung stehen. „Was hier passiert ist, ist ein Versuch, den Grünen Deal zu stoppen oder zurückzudrehen“, betont sie. Ihrer Meinung nach handelt es sich um ein „wahlpolitisches Manöver“, bei dem die Interessen der Wirtschaft und Lobbygruppen über den Klimaschutz gestellt werden.

Ein weiterer Vorwurf richtet sich gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Toussaint bemängelt, dass die notwendigen Leitlinien für die Umsetzung des Gesetzes erst im Oktober veröffentlicht wurden, obwohl sie schon im März 2024 bereit gewesen wären. Dies habe Industrievertretern Zeit verschafft, Druck auf die EU auszuüben.

Unternehmen und Produzenten stehen bereit

Erstaunlicherweise sprechen sich viele Unternehmen bereits jetzt für das Gesetz aus. Große Konzerne wie Carrefour, Michelin und Nestlé haben angekündigt, die Regelungen ab 2025 auch ohne gesetzliche Vorgabe umzusetzen. Gleichzeitig fordern auch kleine Produzenten in Ländern wie Indonesien, Brasilien und Vietnam strengere Regeln, um sich gegen industrielle Großkonzerne zu schützen, die rücksichtslos Wälder abholzen, um billige Produkte auf den Markt zu bringen.

Verbindungen zum Mercosur-Abkommen

Für Toussaint ist der Aufschub des Gesetzes eng mit dem umstrittenen Mercosur-Handelsabkommen verknüpft. Dieses Abkommen könnte laut Schätzungen die Abholzung um 25 % steigern und gleichzeitig europäische Landwirte wirtschaftlich stark belasten. „Wir müssen unsere Wirtschaft schützen – insbesondere unsere Landwirte, die für Qualität stehen“, fordert sie.

Die Lockerung der Umweltstandards schade nicht nur der Natur, sondern öffne die Tür für minderwertige Importprodukte. „Wir machen uns von externen Produktionen abhängig, die nicht nur die Natur zerstören, sondern auch die Rechte indigener Völker verletzen“, mahnt Toussaint.

Eine Frage von Qualität und Verantwortung

Die grüne Europaabgeordnete betont, dass Umweltstandards keine Last, sondern eine Chance seien. Europa müsse seine Landwirte unterstützen, hochwertige und nachhaltige Produkte herzustellen und diese weltweit zu exportieren. Der aktuelle Aufschub sei jedoch ein Rückschlag in diesem Bemühen.

Während die Welt im Klimawandel versinkt und die Wälder, die als Lunge unseres Planeten gelten, immer weiter schwinden, bleibt eine Frage im Raum: Wie lange kann sich Europa noch den Luxus erlauben, auf echte Maßnahmen zum Schutz der Natur zu verzichten?


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